„Ein Betrug wird schwierig sein“

■ Leiter des chilenischen Wahlamtes will einen sauberen Urnengang garantieren

Santiago (taz) - Kafka hätte an ihm alle Freude gehabt: Juan Ignacio Garcia, Direktor des chilenischen Wahlamtes. Ein Vollblut-„Pinochetista“, wie die Anhänger des Diktators genannt werden, ist der Bruder des heutigen Außenministers nicht. Den Posten bekleidet er ohne Unterbrechungen seit Ende der sechziger Jahre, als der Christdemokrat Eduardo Frei den Andenstaat regierte. Im September 1973 verbrannten die putschenden Militärs die Wahlregister, beließen aber dessen Chef im Amt. Allerdings hat ihm Pinochet im Sommer mit Victor Barria nun einen alten Waffenkameraden und Geheimdienstoffizier zur Seite gestellt. Die letzten 15 Jahre seines Jobs, sagt Garcia, habe er ohne Hektik und Streß verbracht, seine Behörde habe mit „kleineren bürokratischen Arbeiten“ die Zeit totgeschlagen. Als 1980 die Pinochet auf den Leib geschriebene neue Verfassung in einer Volksabstimmung bestätigt wurde, habe die Regierung kein Wahlregister erstellen lassen. Damals hatten in mehreren Provinzen über 105 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Die Wahlbeteiligung der vorherigen Abstimmungen zugrundegelegt, stimmten bei dem Plebiszit vor acht Jahren zwei Millionen Chilenen zuviel ab.

Doch bei dem anstehenden Plebiszit, bei dem die Militärjunta über eine neue Amtszeit ihres Kandidaten abstimmen lassen will, soll alles ganz anders werden. Es hat Garcias große Stunde geschlagen. Weil seine Behörde das Wahlregister erstellte, wird er vom Presseamt des Regimes ausländischen Journalisten als Garant für ein sauberes Handhaben der Urnen präsentiert. An die sieben Millionen von insgesamt acht Millionen Wahlberechtigten haben sich in die Register eingetragen, die am Dienstag nun geschlossen wurden. „Ein Betrug wird wegen des Wahlverfahrens schwierig sein“, beruhigt Garcia. Alles sei schon vorbereitet, sagt er und gerät ins Schwärmen. Jeder Wahltisch werde für 350 Namen des Registers zuständig sein und von fünf Beisitzern kontrolliert werden, die durch Los bestimmt werden. Dazu kommen pro Tisch drei Bevollmächtigte der eingeschriebenen Parteien. In Kabinen werde geheim gewählt werden, und wer sein Kreuzchen gemalt habe, dem werde der Finger mit nicht -abwaschbarer Tinte verziert, um doppeltes Abstimmen zu verhindern. Ausgewertet werde öffentlich, mit lauter Stimme. Garcia: „Um zu betrügen, müßte man also unendlich viele Leute beteiligen.“

In den Räumen des Wahldienstes ist Gschäftigkeit ausgebrochen, vorbei ist das Zeitalter des Staubwedels. Stolz führt Garcia seinen Computer vor, in dem diejenigen erfaßt sind, die sich bereits in die Register eingetragen haben. Die Namenslisten sind öffentlich, gegen eine geringe Gebühr kann jedermann Kopien erwerben. Heute sitzt eine junge Frau vor dem Bildschirm, die von der Radikalenpartei geschickt wurde. Sie überprüft, ob sich alle Mitglieder brav eingetragen haben. Aber auch die deutsche Journalistin darf mal am Gerät spielen und „Pinochet ugarte, agosto“ eingeben. „Aber das war einer der ersten“, lacht Garcia, und prompt flimmert eine lange Liste des Pinochet-Clans auf - samt Nummer des Personalausweises.

Gaby Weber