CDU/DGB-Koalition für Todesschuß

■ DGB-Gewerkschaft fordert rechtliche Absicherung für polizeilichen Todesschuß / Der CDU-Rechtspolitiker Ralf Borttscheller (VDU) will dasselbe aus „Fürsorge“ für den kleinen Polizeibeamten

Eine große Koalition für den gezielten Todesschuß (Scharfmacherdeutsch: „finaler Rettungsschuß“) präsentierte sich gestern den Bremer JournalistInnen. Albert Marken, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei im DGB, war mit Ralf Borttscheller, dem rechtspolitischen Sprecher der CDU, einig, das Bremische Polizeigesetz müsse den gezielten Todesschuß „klar regeln“. Klarheit bietet nach Ansicht der beiden Gäste der Bremer Pressekonferenz der Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes von 1977, der bisher in Bayern, Rheinland -Pfalz und Niedersachsen Gesetzeskraft hat. Danach ist ein Schuß, „der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken kann“, zulässig, wenn er „das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit“ ist.

An zwei Punkten setzte sich Gewerkschafter Marken allerdings von dem CDU-Rechtsexperten ab. Nur Lebensgefahr, beispielsweise für eine Geisel, solle den Todesschuß auf den Geiselnehmer rechtfertigen. Außerdem müsse der potentielle Polizei-Schütze das Recht haben, „aus Gewissensgründen“ den Befehl zu verweigern.

Ein polizeilicher Scharfschuß

mit Todesfolge ist allerdings auch nach geltender Rechtslage in Bremen möglich. Zwar dürfen Schußwaffen nach dem Bremer Polizeigesetz nur gebraucht werden, „um angriffs-oder fluchtunfähig zu machen“. Strafrechtsprofessor Peter Thoss von der Uni Bremen verwies allerdings auf eine Interpretation, nach der „nur ein toter Geiselnehmer angriffs-und fluchtunfähig“ sei. Außerdem machen die zugehörigen

Ausführungsbestimmungen aus dem Haus des Innensenators den Todesschuß möglich. Denn danach darf „die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende Todesfolge mißbilligend ... in Kauf genommen werden“.

Albert Marken möchte nun diese Möglichkeit zum Todesschuß aus dem Dunkel der Durchführungsbestimmungen ins Licht des Gesetzestextes hervorholen. Damit alle wissen, was Sache ist.

Denn wer lese schon Durchführungsbestimmungen? Ihm geht es also um die rechtliche Absicherung seiner KollegInnen.

Strafrechtler Thoss trat allerdings energisch der Ansicht entgegen, polizeiliche Todesschützen ständen ständig mit einem Bein im Gefängnis. Zwischen 1980 und '84 seien in der Bundesrepublik 75 Menschen durch Polizeikugeln ums Leben gekommen. Nach 41 Ermittlungsverfahren

seien schließlich drei Beamte mit Geldstrafen belegt und sieben zu Haftstrafen verurteilt worden.

Borttscheller begründete seinen Einsatz für den Todesschuß mit der „Fürsorgepflicht des Dienstherrn“, klare Verhältnisse für den „kleinen A7-Mann“ (A7 Besoldungsgruppe der Polizei, d.Red.) zu schaffen. Wenn man dagegen Schußwaffengebrauch nicht wolle, solle man das ins Gesetz schreiben. Er sei allerdings der Meinung, einem Rechtsbrecher müsse das Risiko klar sein, möglicherweise sein Leben zu verlieren. Damit setzte sich Borttscheller in klaren Widerspruch zu seinem nierensteinmäßig darniederliegenden Fraktionschef Reinhard Metz. Der hatte am 27. August in der CDU-Postille Wir in Bremen verlauten lassen, daß „die Debatte über den sogenannten finalen Rettungsschuß noch nicht abgeschlossen“ sei.

Innensenator Bernd Meyer kommentierte die große Koalition in Sachen Todesschuß auf taz-Nachfrage, „andere Gesetze hätten bei dem Geiseldrama kein anderes Ergebnis gebracht“. Unbeabsichtigt lieferte Albert Marken einen Beleg für die Senator-Worte. Der Polizei-Gewerkschafter versicherte, es hätte bei dem Geiseldrama in Bremen keine einzige Situation für einen gezielten Todesschuß gegeben.

Gaby Mayr