Exterritoriales Stadtfest

■ Chamisso-Kiez feierte. Autonom, laut und (fast) ohne Kiezbewohner

In gänzlich ungewöhnlichem Outfit kam am vergangenen Samstag das Chamisso-Stadtteilfest daher. Statt bunter Vielfalt und allerlei Kommerz regierte der „antiimperialistische Widerstand“ in vornehmlich schwarz-rotem Einheitslook. Schon das Plakat in den einschlägigen Farben verriet neue Zeiten: „Was ist der Unterschied zwischem dem IWF und dem Chamisso -Fest?“ Nun, das letztere fand statt, allerdings weitgehend ohne KiezbewohnerInnen, die sich entweder gar nicht erst blicken ließen beziehungsweise die distanzierte Beobachtung aus dem Fenster vorzogen oder nach einem minutenschnellen Durchlauf die Nase voll hatten. „Das war total komisch, öde und schwarz“, befand eine langjährige Anwohnerin. Sie könne sich an bessere Feste erinnern, die mehr Spaß gemacht hätten. „Merkwürdig, merkwürdig, alles SO36er“, entfuhr es einer anderen, gerade aus dem Urlaub zurückgekehrten Kiezbewohnerin. Und ein anderer wunderte sich, daß bei allem „anarchistischen Charakter“ nur die gemäßigt bürgerliche AHA (Allgemeine Homosexuelle Aktionsgemeinschaft) ihren Stand aufgeschlagen, aber auf den sonst üblichen Kaffee mit Kuchen verzichtet hätte.

In der Tat war es an diesem Wochenende ein gänzlich anderes Chamissofest. Zelebriert wurde autonome Festlichkeit, mit dröhnender Punkmusik, wenigen (im Vergleich zu den letzten Jahren) Bücherständen, Imbißstationen und Info-Ständen von Initiativen. „Der Imperialismus wird fallen“, prangte dafür auf einem weithin sichtbaren Transparent.

Die umliegenden Kneipen, die früher reichlich Biertische herausstellten und auf einen festlichen Umsatz hofften, hielten es wie die meisten KiezbewohnerInnen und machten bei der exterritorialen Stadtteilfete nicht mit. In einigen Kneipen wurde sogar das Ankündigungsplakat boykottiert. Schließlich sollte es kein autonomes, sondern ein gemeinsames Fest werden.

Wenn auch viele einen krawallartigen Ausgang befürchtet hatten, ging das andere Chamissofest friedlich über die Bühne. „Keine Vorkommnisse“ vermeldete der Lagedienst der Polizei. Bis 22.45Uhr seien rund 20 Personen bei Aufräumarbeiten beobachtet worden.

bim