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Walesas Risiko

■ Der polnische Kompromiß ist auf dem Weg

Die festgefahrenen Fronten in Polen sind wieder in Bewegung geraten. Wenn man Lech Walesa folgen will, ist eine historische Chance herangereift, die zu verspielen verhängnisvoll wäre. Das Regime zeige zum ersten Mal seit der Ausrufung des Kriegsrechts 1981 die Bereitschaft zu einem echten Kompromiß. Eine pluralistische polnische Gesellschaft, die sich einen Weg in die Demokratisierung bahnt, scheint nicht mehr nur ein Traum zu sein.

Welesa und seine Berater hoffen darauf, daß sich die einfache Formel der politischen Logik in Polen bald bestätigen wird: die katastrophale Wirtschaftslage zwingt Jaruzelski zu einer Wirtschaftsreform, die der Bevölkerung Opfer abfordert und gesellschaftliche Konflikte heraufbeschwört, die nur mit Hilfe der Opposition, der Gewerkschaft Solidarnosc und der Kirche zu regulieren sind. Der Preis für diese Hilfe, die Demokratisierung des politischen Systems, wird um so mehr von dem Regime zu zahlen sein, je weiter die gesellschaftlichen Veränderungen in der Sowjetunion reichen und die Reformbestrebungen im gesamten Block konkrete Formen annehmen. Mit dem Abbruch der Streiks hat Walesa dem Regime zudem bewiesen, daß er im Verein mit der Kirche nach wie vor in der Lage ist, einen „ruhigen“ Verlauf der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reform zu garantieren. Jetzt ist es an der Regierung zu antworten und tatsächlich substantielle Veränderungen anzubieten. Geschieht dies nicht, ist Walesas politischer Fall unausweichlich und die Radikalisierung der Gewerkschaftsbewegung vorgezeichnet.

Erich Rathfelder

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