Prostitution unter olympischen Ringen

■ Korea und das „abwechslungsreiche Nachtleben“

Das staatliche Fremdenverkehrsbüro Südkoreas macht in der Bundesrepublik Deutschland unverhohlen, wenn auch dezent, Werbung für ein „lebhaftes und abwechslungsreiches Nachtleben“ und für koreanische Frauen: „Es gibt verschiedene Arten von Eßlokalen in Korea, von sehr eleganten Restaurants, in denen ausgezeichnete Mahlzeiten von Kisaeng, der koreanischen Version einer Geisha, serviert werden...“ (Seoul, Heimat der Olympiade, Juli '87). Traditionell waren die „Kisaeng“ ausgebildete Unterhalterinnen. Sie kamen in der Regel aus der Unterschicht und dienten in einer Gesellschaft mit strengen Klassenhierarchien den Männern der Oberschicht mit ihrer Schönheit und allerlei Künsten wie Dichtung, Gesang, etc.. Die Kisaeng-Dienste haben jedoch heute ihren ursprünglichen Charakter verloren. Kisaeng bedeutet nun schlicht Prostituierte und ist heute ein Schimpfwort.

Zwar ist die Prostitution in Korea offiziell verboten, ihre Existenz wird von staatlicher Seite geleugnet, doch die „Versorgung“ der Touristen mit koreanischen Frauen ist gang und gäbe.Südkorea wird hauptsächlich von japanischen Touristen besucht. Die „teure“ Prostitution für Ausländer, die sich vor allem in den 70er Jahren nach der Normalisierung der politischen und diplomatischen Beziehungen zwischen Südkorea und Japan entwickelte, ist besonders in den Städten verbreitet, wo Frauen in Bars und Unterhaltungslokalen beschäftigt sind. Schon während des Zweiten Weltkrieges wurden etwa 200.000 Koreanerinnen im Alter von 12 bis 40 Jahren als „Jugun-Ianfu“ (Trostspenderinnen) an die Front geschickt. Nach dem Korea -Krieg entstanden dann in Nähe der Militärbasen in Südkorea Zentren der Prostitution für die US-amerikanischen Soldaten, die heute als „billige“ Prostitutionsbezirke bekannt sind.

Vom internationalen Sextourismus, an dem bundesdeutsche Männer vorrangig beteiligt sind, wurde das Land bisher nur am Rande berührt. In der vom Konfuzianismus geprägten Gesellschaft Koreas herrscht eine strenge Sexualmoral. Prostituierte werden geächtet. Daß mit den Olympischen Spielen die Prostitution ansteigen wird, befürchten die „Korea Church Women United“ (ein Dachverband zahlreicher kirchlicher Frauengruppen) und andere Frauenorganisationen. Auch für sie ist die Prostitution nicht das moralische Problem einzelner Frauen, sondern Resultat ökonomischer Abhängigkeit und Armut großer Bevölkerungsgruppen. Dem im Zuge der Olympischen Spiele erwarteten Anstieg des Sextourismus begegnen die südkoreanischen Frauenorganisationen mit öffentlichen Kampagnen: Seminare zum Thema „Frauen und Tourismuskultur“ oder das Theaterstück „Kisaengtourismus“, bei dem es um den Zusammenhang von staatlicher Wirtschaftspolitik und Sextourismus geht, sollen Problembewußtsein in der Öffentlichkeit wecken. Eine andere Frauengruppe plant eine Befragung zum Thema „Sextourismus und Aids“ und warnt vor der Verbreitung von Aids durch Olympiatouristen. Die Olympioniken, die Funktionäre und die Touristen werden sich aber wohl kaum aufhalten lassen, die Kisaeng-Dienste unter den olympischen Ringen in Anspruch zu nehmen.

Hae-Soon Kim

Susanne Lipka

Weitere Informationen über Sextourismus und Frauenhandel im AGISRA-Büro, Frankfurt, Mainzer Landstraße 147, Tel: 069 -7392152