Beton im Grünzeug

■ Klammheimlich plant der Senat ohne Rechtsgrundlage am Sachsendamm eine Betonschneise ins Grün entlang der S-Bahnlinie 2 zu bauen

Die Zerstörung von Zehntausenden von Quadratmetern wilden Stadtgrüns hinter dem Rücken der Öffentlichkeit und ohne Rechtsgrundlage steht unmittelbar bevor: Der Senat plant, am Schöneberger Sachsendamm die schmale S-Bahnunterführung abzureißen und eine ca. 100 Meter breite Trasse anzulegen: Der Autobahnanschluß nach Tempelhof und Neukölln, der Sachsendamm und eine Straße für das Wasserwerk werden eine breite Schneise in den ununterbrochenen Grünzug an der S -Bahnlinie 2 schlagen. Die Bäume wurden in den letzten Wochen bereits markiert. Die Vegetationsbrücken über den Sachsendamm würden zerstört, S-Bahn- und Postgleise auf einer Länge von einem Kilometer für die Dauer der Bauarbeiten ins Grüne verschwenkt, einem provisorischen S -Bahnhof Papestraße würden weitere Bäume zum Opfer fallen. Alle diese Arbeiten werden schon abgeschlossen sein, bevor das für den Autobahnbau gesetzlich vorgeschriebene Planfeststellungsverfahren rechtskräftig ist.

Das geht aus einem internen Zeitplan des Senats hervor, in den der Schöneberger Umweltausschuß Einblick hatte. Das Gelände gehört der Reichsbahn, mit der der Senat über die Modalitäten hinter verschlossenen Türen verhandelt. Die Reichsbahn fordert für das „Okay“ zum Brückenabriß einen Ausgleich für den einst versprochenen, nun nicht mehr benötigten Südgüterbahnhof. Der Vizepräsident der Reichsbahndirektion, Funk, erklärte auf Anfrage, die Zustimmung der Reichsbahn hänge vom „Gesamtpaket der Verhandlungen“ ab. Über Zeitabläufe könne man nichts sagen. „Das kann morgen sein oder in ein paar Monaten.“

Alle drei Schöneberger Parteien sind sauer über das Vorgehen des Senats. In einem gemeinsamen Antrag fordern sie schonenden Umgang mit der Natur, Informationen durch den Senat sowie Einhaltung der korrekten rechtlichen Verfahren. Der Förderverein Südgelände, der seit Jahren um den Erhalt des Grüns kämpft, schlägt vor, die Autobahn im Schildvortrieb unter den Sachsendamm zu legen und damit die jetzigen Brücken zu erhalten. Schließlich lebten in dem seit vierzig Jahren unberührten Biotop geschützte Pflanzen und Tiere.

Auch im Flächennutzungsplan ist das Gelände als Teil eines übergeordneten Grünzugs ausgewiesen.

Die Senatsverwaltungen halten sich bedeckt. Der Referent des Verkehrssenators, Heinrich, verweist darauf, daß es keine Zusage der Reichsbahn zum Baubeginn gebe, von der der Zeitplan abhänge. Der Mitarbeiter des Bausenators, Löwe, erklärte, man rechne mit der Auslegung der Planfeststellung für Anfang '89, mit der Festsetzung mit ca. Mitte '89. Einzelheiten seien noch nicht entschieden. Nach dem Zeitplan, der dem Schöneberger Umweltausschuß vorgelegen hat, sind allerdings alle Rodungen bereits für diesen Winter vorgesehen.

Eva Schweitzer