CDU-Querschläger gegen den §218

„Lebensschützer“ wollen die Finanzierung von Abtreibungen aus der Gesundheitsreform kicken  ■  Von Helga Lukoschat

Berlin (taz) - Die AbtreibungsgegnerInnen in den Unionsparteien haben einen neuen Coup gelandet. Sie drohen, die Gesundheitsreform platzen zu lassen, wenn die Krankenkassen - wie im Entwurf vorgesehen - Abtreibungen weiterhin finanzieren. 26 Abgeordnete der Bonner CDU/CSU -Fraktion kündigten in einem Brief an den Fraktionsvorsitzenden Dregger ihren spektakulären Schritt an.

Sollten die Abgeordneten ihre Drohung wahrmachen, könnte das Gesetz zur Gesundheitsreform in der entscheidenden dritten Lesung im Bundestag scheitern. 269 Abgeordnete der CDU/CSU/FDP-Koalition stehen 228 von SPD und Grünen gegenüber. Da letztere die Gesundheitsreform ohnehin ablehnen, entstünde mit den Stimmen der „LebensschützerInnen“ eine Mehrheit von 254 zu 243 Stimmen gegen die Reform.

Eine Sondersitzung der Fraktion am 26.September soll sich jetzt mit dem politischen Erpressungsversuch beschäftigen. Die Kontroverse wird zwischen drei Gruppierungen geführt. ParlamentarierInnen um Gesundheitsministerin Rita Süssmuth wollen an dem vorgeschlagenen Gesetzentwurf nicht rütteln. In Paragraph 66 des Reformgesetzes heißt es: „Versicherte haben Anspruch auf Leistung bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch durch einen Arzt.“ Die 26 Abtreibungsgegner wollen durchsetzen, daß Abtreibungen künftig nur Fortsetzung auf Seite 2

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noch bei „Bedürftigkeit“ der Frau bezahlt werden. Diese sollen Frauen „formlos“ erklären dürfen. Die Kosten, die den Kassen entstehen, würden in diesem Modell aus Steuermitteln finanziert. Als Kompromiß schlagen die 26 Abgeordneten eine Selbstbeteiligung von Frauen in Höhe von etwa 100 Mark vor. Eine dritte Gruppe will nach Informationen der 'Kölnischen Rundschau‘ die Finanzierung von Abtreibungen aus der Gesundheitsreform herausnehmen. Damit würde die Abtreibungsfinanzierung als einziger Paragraph der alten Reichsversicherungsordnung (RVO) bestehen bleiben. Der Vorschlag spekuliert darauf, daß damit einerseits die Verabschiedung der Reform nicht gefährdet wäre, andererseits bei günstigeren Mehrheitsverhältnissen für die Abtreibungsgegner, die Krankenkassenfinanzierung immer noch abgeschafft werden könnte.