Der sanfte Imperialismus der harten Sozialdemokraten

Veranstaltung des Berliner DGB zum IWF-Kongreß / Ebermann: „IWF hat hervorragend funktioniert“ / SPD-Mann Voigt will IWF und Weltbank reformieren  ■  Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Nun, meinte Thomas Ebermann, fundamentalistischer Flügelmann der grünen Bundestagsfraktion, wolle er ganz „vernünftig“ sein, sich ganz auf den Boden des Reformismus stellen - und genüßlich pflückte er einen Antrag der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zur Reform des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank auseinander: Sozialdemokratische Reformpolitik als geschmeidigere, auf langfristige Sicherung angelegte Variante imperialistischer Politik. Ebermann hat es geschafft, den sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten Karsten Voigt gnadenlos vorzuführen pikanterweise auf einer Veranstaltung des Berliner DGB -Landesverbandes am Montagabend im Berliner Tempodrom.

Die Abendveranstaltung war bewußt als Auseinandersetzung innerhalb des deutschen Politspektrums angelegt. Neben Ebermann, Voigt und dem Berliner DGB-Landesvorsitzenden Pagels saßen noch die Berliner Professoren Elmar Altvater und Peter Kisker auf dem Podium. Haben IWF und Weltbank angesichts des wachsenden sozialen Elends und der fortschreitenden ökologischen Verwüstung „versagt“, wie es die sozialdemokratische IWF-Kritik immer formuliert? Ebermann bestritt dies: „Sie haben nach Zwecksetzung ihrer Betreiber hervorragend funktioniert.“ Ebermann betonte die „Kampfaufgabe“ für die politische Opposition hier. IWF und Weltbank seien nicht reformierbar. Zum Beispiel die Forderung: „Ein Land - eine Stimme“, mit der die Dominanz der Industrieländer im IWF gebrochen werden soll: Das wäre aufs Inland übertragen: „Jeder Aktionär hat eine Stimme, egal wieviele Anteile er besitzt.“ Warum soll beim IWF möglich sein, was im Inland kein Sozialdemokrat zu fordern wagt?

Karsten Voigt hatte einen schweren Stand. Was er als sozialdemokratische Reformpolitik in Sachen IWF zum besten gab, überzeugte nicht. Eine Weltschuldenkonferenz soll einen Schuldenerlaß nicht für alle, sondern nur für die „am wenigsten entwickelten Länder“ beschließen und die Stimmrechte der Dritte-Welt-Länder verbessern - wie, das blieb offen. Er sprach sich dafür aus, daß ein reformierter IWF den häufig von korrupten Eliten beherrschten Entwicklungsländern nach wie vor Auflagen diktieren soll, nur eben andere, demokratischere als bisher.

Der Berliner Politökonom Altvater forderte wie Ebermann die „Mobilisierung der Subjekte“ in den Industrieländern gegen die herrschende, durch IWF und Weltbank strukturierte Weltwirtschaftsordnung. Er sprach sich aber, anders als Ebermann, für eine „Dialektik“ zwischen Reform und Revolution aus, die auch auf die Möglichkeit zielt, innerhalb der kapitalistischen Strukturen ein „neues Entwicklungsmodell“ durchzusetzen.