PEN-Club in Polen wiederbelebt

■ Nach sieben Verbotsjahren konnte der polnische PEN-Club wieder ein Mitgliedertreffen abhalten

Warschau (taz) - Kaum ein Dutzend Journalisten hatten den Weg gefunden in den kleinen Saal des Warschauer Kulturpalastes, in dem sich am Montag nachmittag ungefähr 130 Damen und Herren, meist im Rentenalter, trafen. Sieben Jahre lang waren die Räumlichkeiten versperrt gewesen, jetzt konnte der polnische PEN-Club nach sieben Jahren wieder sein erstes Mitgliedertreffen abhalten. 1981, drei Tage nach Ausrufung des Kriegsrechts, hatten die polnischen Behörden den PEN-Club als vermeintlich extremistische Organisation in seiner Tätigkeit ausgesetzt und schließlich 1983 - trotz heftiger Proteste des internationalen PEN - den Vorstand für aufgelöst erklärt.

Der kommissarische, von den Behörden eingesetzte Vorstand, dem kein einziger Schriftsteller angehörte, war vom internationalen Dachverband des PEN nie anerkannt worden. Der internationale Status des PEN-Clubs und die Hartnäckigkeit von Präsident Julousz Zulawski, sich auf keinerlei statutenwidrige Manipulationen zugunsten parteinaher Schriftsteller einzulassen, war es zu verdanken, daß der PEN-Club nun doch zusammentreten und, wie Vorstandsmitglied Artur Medzyrzecki betont, ohne die geringsten äußeren Einmischungen einen neuen Vorstand wählen konnte. Vor die Wahl gestellt, entweder keinen oder einen unbequemen, kritischen PEN-Club zu bekommen, hat sich die Regierung damit doch noch für letzteres entschieden, nicht ohne Widerstand aus Parteikreisen.

Schließlich verpflichtet sich jedes Mitglied bei Eintritt, aufgrund der PEN-Charta gegen jede Art von Zensur in Friedenszeiten einzutreten. Die Wunden, die zwischen Polens Literaten während des Kriegsrechts aufgerissen wurden, scheinen inzwischen weitgehend verheilt zu sein. Selbst parteinahe Schriftsteller, die zu Anfang der achtziger Jahre mehr oder weniger offen die Auflösung des PEN-Clubs unterstützt hatten, unterschrieben vor kurzem einen Aufruf, in dem sie seine Wiedereröffnung forderten. Daß der PEN -Club, wie Artur Medzyrzecki meint, „eine unabhängige, tolerante Organisation mit Platz für die unterschiedlichsten Ansichten“ ist, zeigte sich auch am Montag: Da saßen neben den Solidarnosc-Beratern Tadeusz Mazowieki und Bronislaw Geremek die Parteimitglieder Jan Dobraczynski und Halina Auderska, letztere ist gar Vorsitzende des Schriftstellerverbandes, den die Behörden an die Stelle des unabhängigen 1983 aufgelösten Verbands unter Jan Jozef Szczepanski gestellt hatte.

Einstimmig verabschiedeten die Versammelten am Montag eine Resolution, in der das Zustandekommen eines Dialogs zwischen Opposition und Regierung begrüßt wird: Nur der gute Wille von Regierung, einer legal arbeitenden Gewerkschaft Solidarnosc und anderer unabhängiger Initiativen könne zu einem Umbruch führen, der das friedliche Miteinander aller in Polen ermögliche.

Klaus Bachmann