Ortega sagt UNO-Reise ab

US-State-Department hält Visa für die Mitarbeiter Ortegas zur UNO-Generalversammlung zurück Erneuter Verstoß gegen Abkommen zwischen UNO und USA durch Washington  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Der nicaraguanische Regierungschef, Daniel Ortega, hat überraschend seine Reise nach New York abgesagt, wo er am 28.September vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen sprechen wollte. Der Grund: das US-amerikanische State Departement hat bis zur Stunde den Begleitern des Präsidenten noch keine Visa erteilt. „Nicaraguas Regierung hält diese Haltung für willkürlich und illegal“, heißt es in einem Kommunique vom 22.September. Der Präsident der UNO -Generalversammlung, Dante Caputo, wurde gebeten, einzuschreiten.

Auch die US-Botschaft in Managua hat Ortega zehn Tage auf sein Visum warten lassen. Zuletzt bekamen zwar Ortega und Außenminister d'Escoto ihre Pässe mit den erforderlichen Einreisegenehmigungen zurück, aber sowohl die First Lady Rosario Murillo als auch die sieben Kinder Ortegas warteten vergeblich. Dasselbe gilt für die Minister Alejandro Martinez Cuenca und Manuel Espinoza. Zwei Tage vor der für 24.September geplanten Abreise war vom Konsulat keine verbindliche Antwort zu bekommen. Das Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und den USA sieht vor, daß den Delegierten der einzelnen Länder die Visa „gratis und so schnell wie möglich“ auszustellen sind. Bilaterale Probleme Washingtons mit einzelnen Regierungen dürfen sich ausdrücklich nicht auf UNO-Delegationen auswirken.

Die Reagan-Regierung macht offenbar ein Prinzip daraus, Nicaragua bei jeder Gelegenheit mit dem Verweigern von Visa zu reizen. Carlos Tünnermann, der gleichzeitig bei der US -Regierung als auch bei der Organisation Amerikanischer Staaten als Botschafter akkreditiert war, wurde im Juli des Landes verwiesen, nachdem Managua den US-Botschafter Melton für non grato erklärt hatte. Der Innenminister Nicaraguas hat noch nie ein Visum für die USA bekommen.