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Keine Zugeständnisse für Rössner

Bayerische Justizministerin hält RAF-Gefangenen weiter für „haftfähig“ / Treffen mit Pfarrer Löhr, der sich für Haftverschonung eingesetzt hatte, bleibt ohne Resultat / Bernd Rössner unterbricht Kontakt zu Löhr  ■  Von Gerd Rosenkranz

Berlin (taz) - Die bayerische Justizministerin Mathilde Berghofer-Weichner hält den in München/Straubing einsitzenden RAF-Gefangenen Bernd Rössner „weiterhin für haftfähig“. Das erklärte die CSU-Politikerin während einer rund eineinhalbstündigen Unterredung mit dem Münchner Studentenpfarrer Hans Löhr. Löhr hatte im Juni nach mehreren Besuchen bei dem als Stockholm-Attentäter zu zweimal lebenslänglich verurteilten Rössner eine Initiative zur vorzeitigen Haftentlassung des Gefangenen gestartet. Denn nach dem Eindruck des Pfarrers ist Rössner, der seit über 13 Jahren im Knast sitzt, „offenkundig haftunfähig“.

Nach dem Treffen mit der Ministerin berichtete Löhr, Frau Berghofer-Weichner spreche zwar von „auffälligem Verhalten“ bei dem Gefangenen, mache jedoch „keinerlei Zusagen“ bezüglich einer vorzeitigen Haftentlassung. Zwar nehme Rössner nicht an Gemeinschaftsveranstaltungen teil, lese praktisch nichts und sei allgemein sehr sprunghaft; mit den Haftbedingungen kann das nach Auffassung der CSU-Ministerin aber nichts zu tun haben. Die seien nämlich in Ordnung, vertraute sie Löhr an. Während seiner 13jährigen Haft war Rössner etwa zehn Jahre isoliert. Eine Zusammenlegung mit dem ebenfalls in Straubing einsitzenden RAF-Gefangenen Rolf Heissler lehnte Frau Berghofer-Weichner in dem Gespräch mit Löhr erneut strikt ab. Sie sprach sich jedoch für weitere „umfassende ärztliche Untersuchungen“ des Gefangenen aus. Ministeriums-Sprecher Hans-Peter Huber teilte dazu ergänzend mit, man werde, die Zustimmung Rössners vorausgesetzt, „in konkreten Fällen“ nicht ohne Spezialisten von außerhalb des Knastes auskommen.

Vorerst gescheitert ist auch ein Versuch von Pfarrer Hans Löhr, mit Rössner unter vier Augen, ohne die obligatorische Überwachung durch einen Staatsschutzbeamten, zu sprechen. Das Ministerium stellte zwar eine Prüfung in Aussicht.

Es müßten jedoch zunächst „Sicherheitsfragen“ in der Justizvollzugsanstalt geklärt werden, hieß es. Misteriums -Sprecher Huber meinte, ein Vier-Augen-Gespräch stehe zur Zeit „nicht zur Debatte“.

Diese Einschätzung trifft auch aus einem andern Grund zu: In einem Schreiben teilte Rössner dem Pfarrer überraschend mit, er lege zur Zeit keinen Wert auf weitere Besuche. Verärgert ist Rössner offenbar darüber, daß die Bemühungen um seine Haftentlassung mit der sogenannten Begnadigungsdebatte vermischt werden könnten. Rössner hatte sich stets gegen die Begnadigung einzelner und statt dessen für eine politische Gesamtlösung für alle politischen Gefangenen ausgesprochen. Löhr erklärte zu der neuen Situation, er „respektiere den plötzlichen Wandel“ Rössners. Von Anfang an sei es „Geschäftsgrundlage“ seiner Besuche im Knast gewesen, daß die Initiative für die Treffen stets von Rössner ausgehen sollte.

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