: Ein Glück kommt selten allein
■ Dagmar Papula, Ensemble-Mitglied der Bremer shakespeare-company hat zweimal Grund zur Freude: Sie bekommt den Bremer Förderpreis und ihre Stücke werden bei Fischer verlegt
„Ichs kann immer noch nicht glauben“, freut sich Dagmar Papula ohne Schauspielerallüren ins Mikrofon. Dagmar Papula ist Schauspielerin, Ensemble-Mitglied der Bremer Shakespeare -Company und Schriftstellerin. Seit letzten Freitag ist sie Trägerin des Bremer Förderpreis für Literatur, „der höchsten, mit 5000 Mark dotierten Auszeichnung in der regionalen Literaturförderung des Senators für Bildung, Wissenschaft und Kunst“, verrät die Pressemitteilung freundlicherweise. Nach einem Wahnsinns-Spontan-Fest („ich habe zwei Tage lang nur Champagner getrunken“) mit ihren Freunden, („das hat sich ja wie ein Lauffeuer herumgesprochen“) freut sie sich heute immer noch und sitzt mir mit einem nicht-einstudierten-und-trotzdem-bühnenreifen -Lächeln gegenüber. Daß ein dramatischer Text die Jury überzeugt hat („das ist noch nie vorgekommen“), ist auch wirklich einigermaßen erstaunlich. Dramen sind heute eigentlich nicht mehr so gefragt.
Der prämierte Text, der so schön romantisch-nostalgisch
klingt („Wo ich die Welt anseh, möchte ich sie umdrehen“), ist keine Collage, wie man sie von Papulas frühen Aufführungen kennt (z.B. „Ich - Paula Becker-Moderson“), sondern ein szenisches Spiel, also ein richtiges Bühnenstück („diesmal spiele ich aber nicht alleine“), über die romantischen, lange vergessenen und von der Frauenbewegung in den 70er Jahren wieder ausgegrabenen Autorinnen Caroline von Günderrode und Bettine von Armin. Das Stück wird im März 1989 bei shakespeares uraufgeführt. Da spielt Papula (in der Rolle der Günderrode) natürlich auch mit. Und die neu verpflichtete Petra Schmidt als Bettina von Armin. Unter der professionellen Leitung von Norbert Kentrup.
Die DDR-Autorin Christa Wolf gab den Anstoß für Papulas historisches Stück. „Ihre Aufzeichnungen“ („Kein Ort. Nirgends“ und „Der Schatten eines Traums“), schwärmt Papula, „haben mir die Original-Texte von Arnim und der Günderrode erst erschlossen. Christa Wolf habe ich zu verdanken, daß ich die beiden Dichterinnen heute
schätze, sie trotz ihrer Fremdheit verstehen kann“. Vor zwei Jahren begann Papula, ein Gespräch zwischen Arnim und der Günderrode zu entwerfen. Aus lauter Dankbarkeit und Bewunderung wird auch Christa Wolf in ihrem Stück auftreten
-„natürlich nicht als lebende Person“: Bettina von Armin und die Günderrode werden Original-Texte von Christa Wolf lesen, als hätte Wolf zu ihrer Zeit gelebt.“ So handelt dieses Stück - auf der Basis authentischen Materials verschiedener Epochen - „von dem merkwürdigen und berührenden Liebesbündnis dieser beiden Frauen und ihrem Gegenentwurf zu unserer Kriegerkultur“, erklärt Papula hilfreich.
„Im November ist die offizielle Preisverleihung“, vorfreut sie sich. Die wird voraussichtlich im Theater am Leibnizplatz stattfinden und - ganz company-gemäß - nicht „nur dröge über die Bühne gehen“.
Dagmar Papula darf sich in diesen Tagen nicht nur über die Preisverleihung freuen. Vor zwei Wochen machte ihr der renommierte S.Fischer-Verlag das Angebot, ihre Stücke so nach und nach zu verlegen. „Ich habe mich immer davor gescheut, die Verlage anzuschreiben, weil ich mich vor großen Eingriffen fürchtete“. Die Leiterin des S.Fischer -Verlags war jedoch so begeistert von Papulas Stücken, daß sie jetzt - ungekürzt - gedruckt werden. „Rochade“ vor „Kopfkrieg“ vor „Flußaufwärts“. „Dann können mich auch andere Theater nachspielen“, freut sich Papula. Darüber freuen wir uns auch. Ein Glück kommt eben selten allein.
Regina Keichel
Am 13.10. ist Dagmar Papula wieder mit „Kopfkrieg“ im Theater am Leibnizplatz zu bewundern
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