Keine Gefahr für die Bankensolidarität

Bei der Pressekonferenz des Bundesverbandes Deutscher Banken wurden Unterschiede zwischen den „Großen Drei“ der Branche deutlich  ■  Aus Berlin Ulli Kulke

Die „Lehre von Zeichen und ihrer Bedeutung“ war das Thema, als am Dienstag nachmittag der Bundesverband der Deutschen Banken seine Pressekonferenz veranstaltete. Mit diesen Worten umschreibt jedenfalls Reclams Fremdwörterbuch den Begriff „Semantik“, und um sie ging es.

Der führende bundesdeutsche Bankerclub hatte am Dienstag die undankbare Aufgabe, einen Tag nach dem Presseauftritt des Deutsche-Bank-Chefs Herrhausen den Katechismus wieder zurechtrücken zu müssen, den der mit seinen etwas ketzerischen Thesen zur „Schuldenerleichterung“ für die Dritt-Welt-Länder scheinbar in Gefahr gebracht hatte. Herrhausen hält einen gewissen Schulden-Teilverzicht für möglich (siehe das taz-Interview von gestern).

Um bei solchem Vorpreschen die Symmetrie wieder hinzukriegen, ging Verbandschef Röller erstmal noch hinter die bescheidenen Zugeständnisse der Bundesregierung zurück. „Die Initiative der Bundesregierung, auf Forderungen gegenüber besonders armen Entwicklungsländern zu verzichten, ist positiv zu werten. Daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß nun die Banken nachziehen müßten.“ Denn wie solle man Aktionären und Kunden gegenüber einen Schuldenverzicht vertreten? „Als in die Märkte eingebundene Institutionen“ müßten die Banken „marktkonforme Wege“ zur Verminderung des Schuldenproblems wählen.

Im vergangenen Jahr noch konnte der Bankenverband leichter mit einer Stimme sprechen. Wilhelm Christians saß da für die Deutsche Bank in der Verbands-Pressekonferenz, und der brachte die damaligen aufsehenerregenden Worte Herrhausens wieder auf Linie. Inzwischen zum Alleinherrscher seines Hauses aufgerückt, saß nun in Berlin Herrhausen selbst neben Wolfgang Röller und Walter Seipp von der Dresdner und Commerzbank, und da war's schon schwieriger.

Die Frage, ob ein Schuldennachlaß die Kreditwürdigkeit der Entwicklungsländer verbessere (Linie Deutsche Bank) oder verschlechtere (die übrigen Groß-Banken), wollte Röller denn auch nicht für alle Verbandsmitglieder beantworten: Dazu könne man sich jeweils „nur institutsbezogen äußern“. Und zur These Herrhausens, daß man nicht mehr über das „moralische Risiko eines Schuldennachlasses“, sondern über „das moralische Risiko eines Nicht-Nachlasses“ nachdenken müsse, wollte Röller sich schon „gar nicht äußern“. Röller: Es gebe hier „einen Konsens mit verschiedenen Akzenten“, jedes Institut lasse hier „einzelne geschäftspolitische Momente einfließen“, man lebe schließlich in einem Wettbewerb. Walter Seipp wußte auch den Grund: Natürlich gebe es „verschiedene Ausgangslagen“ der jeweiligen Banken eine Anspielung auf die horrenden Reserven, die die Deutsche Bank gegen unsichere Länderkredite angesammelt hat.

Herrhausen brachte das journalistische Auditorium zwar noch einmal zum Lachen, als er in einem scheinbaren Loblied auf die freie Marktwirtschaft en passant die komfortable Lage seines Hauses herausstellte: „Ich bin sehr froh, daß es unterschiedliche Ausgangspositionen gibt.“ Schließlich entsann sich Herrhausen aber doch noch seiner Schuldigkeit wie er auch am Vortag schon betont hatte, „die Deutsche Bank braucht keine Nachhilfe in Bankensolidarität“. Es handele sich doch eher „um einen Unterschied in der Optik“. Das ganze sei eben ein Problem der „Semantik“.

Bleibt also festzuhalten: Es gibt unterschiedliche Ausgangslagen der Banken und eine unterschiedliche Sichtweise ihrer Vorstände, und außerdem läßt jedes Institut „geschäftspolitische Momente einfließen“. Einmal zur Einigkeit zurückgefunden, wollte man aber hier keinen Boden mehr preisgeben: Zwischen diesen Punkten bestehe absolut kein Zusammenhang. Herrhausen wollte gar zum Schluß nicht einmal mehr eingestehen, daß auch nur die Semantik mit den unterschiedlichen Ausgangslagen der Banken zu tun habe. Bleibt also nur der Zufall.