Des Teufels Detail

■ Weltbankangestellten ruhig mal guten Willen unterstellen!

Es lag sicher nicht nur an der Langeweile des offiziellen Kongresses im Berliner Internationalen Congress Centrum, wenn die Opposition gegen Weltbank und IWF an niemandem unter den tausend anwesenden Journalisten vorbeilief. Keine Pressekonferenz, kaum ein „Briefing“, auf dem nicht Fragen an Politiker und Banker nach der Einschätzung von Gegenkongressen und Demonstrationen gestellt wurden, und kaum ein offiziell ausliegender Pressespiegel, auf dem dieses und auch das Thema Schuldenerlaß nicht in der einen oder anderen Weise auftauchte. Entsprechenden Niederschlag fand all dies im gedruckten und gesendeten Wort. Der friedliche Verlauf machte den Offiziellen ein billiges Ausweichen auf Weisheiten des dumpfen Volksempfindens über Chaoten zunehmend schwerer.

Nicht alle Gegner der Weltbank- und IWF-Politik werden das Ergebnis als Erfolg werten. Wer den Weltbankern unterstellt, sie freuten sich insgeheim über jeden Baum, den die von ihr instruierte brasilianische Regierung am Amazonas zu Fall bringt, der bringt sich nicht nur um ein Erfolgsgefühl, der ignoriert eine Chance zur Einflußnahme auf die Weltbank. Mit diesen Vorhaltungen wird man die Weltbanker nur zum Lachen bringen. Sie wissen besser, daß dieses Bild nicht stimmt, deshalb macht man ihnen ihre Ignoranz persönlich sehr leicht.

Wer die Chance nicht ignorieren will, der sollte den meisten Mitarbeitern der Weltbank durchaus das subjektive Gefühl unterstellen, daß sie unter anderem auch für den Umweltschutz tätig sind. Auch wenn es noch so schwerfällt. Auch wenn die Weltbankpolitik der Kapitallogik unterworfen ist, muß diese noch lange nicht jeden einzelnen Kopf, nicht jedes einzelne Projekt oder jeden Kredit bestimmen.

Der Ansatzpunkt muß bei der kriminellen Verdrängung und dem verantwortunglosen Umgang mit den eigenen Ansprüchen gesucht werden. Wenn die Weltbank einen Energiesektor-Kredit für Brasilien genehmigt, dabei den örtlichen Behörden diverse Umweltauflagen erteilt, von denen nur ein Bruchteil eingehalten werden wird, dann ist dies verantwortungslos und tödlich. Wer jedoch hier mit der Behauptung den Kampf aufnimmt, die Weltbank sei die Betreiberin der umweltfeindlichen Auflagen selbst, der wird den Weltbankexperten einen ruhigen Schlaf bescheren.

Wie man hört, ist Entwicklungsstaatssekretär Köhler sauer auf die brasilianische Regierung, weil die sich bezüglich der Auflageneinhaltung dummstellt. Der Konflikt wird hinter den Kulissen bleiben, auch weil außer den Grünen und einigen NGOs niemand so genau hinzusehen bereit ist. Zu guter Letzt wird dann auch die Bundesregierung dem Kredit zustimmen, weil sie es sich leisten kann. Und die Experten werden für ihr Gewissen den einen oder anderen Baum heranziehen können, den sie durch die Auflagenpolitik doch gerettet haben.

Wer den Technokraten in den Washingtoner Institutionen die Verdrängung nicht weiterhin so leicht machen will, der muß Nuancen und Details aufspüren und eine Öffentlichkeit darüber herstellen. Aber in diesem Sinne waren auch die Berliner Tagungen ein Erfolg, für die, die ihn zur Kenntnis nehmen wollen.

Ulli Kulke