„Wir sind das Team der Zukunft“

Hans-Joachim Otto, den Irmgard Adam-Schwaetzer im Falle ihrer Wahl zur FDP-Parteivorsitzenden als Generalsekretär vorschlagen wird  ■ INTERVIEW

taz: Der zukünftige Generalsekretär der FDP, sofern Frau Adam-Schwaetzer die Wahl gewinnt, wurde öffentlich eingeführt als Yuppie mit einer roten Brille. Gefällt Ihnen das?

Hans-Joachim Otto: Ich empfinde mich nicht als Yuppie, der sich als beruflicher Aufsteiger vorwiegend am Geld orientiert, sondern als Mensch mit durchaus starkem gesellschaftlichem Gewissen. Diejenigen, die behaupten, ich sei früher ein „Lambsdorff-Jünger“ gewesen und jetzt ein unbeschriebenes Blatt oder ein Yuppie, kennen mich nicht ausreichend. Ich halte mich für einen konsequent Liberalen, und stehe, wenn Sie so wollen, in der Mitte der Partei.

Konsequent liberal verhält sich das Duo Schwaetzer-Otto gegenüber dem mit krimineller Energie betriebenen Parteispendengeschäft des Grafen. Gleichzeitig beteuer Ihre Freunde, die Wahl von Adam-Schwaetzer stehe für eine neue Glaubwürdigkeit der Liberalen.

Die Frage habe ich erwartet. Lambsdorff ist verurteilt worden, das wird von niemandem in Abrede gestellt. Aber erstens wäre es ein grober Verstoß gegen die Solidaritätspflicht, die wir in der gesamten Partei ihm gegenüber abgegeben haben, wenn wir ihn für eine Tat, die er im Interesse der Partei begangen hat, öffentlich bloßstellten. Zweitens: Wir, Adam-Schwaetzer und ich, sind das Team, das die Blicke der Partei auf die Zukunft richtet. Die Delegierten müssen entscheiden, wie das politische Profil, die Themenschwerpunkte der FDP zu Beginn der neunziger Jahre aussehen. Als Team der Zukunft wollen wir eine Entscheidung pro Adam-Schwaetzer und nicht eine Anti -Lambsdorff-Entscheidung.

Immerhin erteilt die FDP, sofern sie Lambsdorff zum Vorsitzenden wählt, politische Absolution für einen Mann, der tief im Bonner Spendensumpf steckte.

Bei der Beurteilung von Graf Lambsdorff sollten sich Parteifreunde und Leute aus anderen Parteien vor Scheinheiligkeit hüten. Was damals mit der Parteienfinanzierung bei FDP, CDU und SPD gelaufen ist, war vielen bekannt. Zahlreiche Parteiaktivisten haben das Geld fröhlich ausgegeben, das andere in einer Grauzone mit Billigung der Finanzbehörden jahrelang eingesammelt haben. Jetzt ist nicht über alte Tatbestände abzurechnen. Adam -Schwaetzer hat soviel neue Schwerpunkte zu bieten, daß es überflüssig ist, zu diesem alten Punkt in irgendeiner Weise Stellung zu nehmen. Die Entscheidung fällt über ein politisches Konzept, nicht über eine strafrechtliche Verurteilung.

Die unterschiedlichen politischen Konzepte haben beide Kandidaten offenbar gut versteckt in den letzten Wochen. Nennen Sie uns bitte mal eine einzige inhaltliche Kontroverse.

Ihr Mißverständnis hinsichtlich des politischen Profils macht sich fest an dem Wort Kontroverse. Es ist nicht notwendig, Kontroversen in einzelnen Punkten aufzubauen, sondern es geht darum, wodurch profilieren sich jeweils die beiden Kandidaten. Graf Lambsdorff ist der ausgewiesene Wirtschaftspolitiker. Frau Adam-Schwaetzer ist von ihrer Herkunft Gesundheitspolitikerin, Gesellschaftspolitikerin, Europapolitikerin. Diese Bereiche werden zu Beginn der neunziger Jahre einen höheren Stellenwert gegenüber der Wirtschaftspolitik bekommen. In diesem Sinne steht das Urteil der Partei in Wiesbaden auf dem Prüfstand. Will die FDP sich als reine Wirtschaftspartei definieren oder als Partei, die Liberalität in allen Politikbereichen der Gesellschaft gleichermaßen vertritt.

Lambsdorff würde nie das Gegenteil behaupten. Mit Verlaub gesagt, Herr Otto, Sie klopfen Sprüche.

Die Bewertung Sprücheklopfen oder konkrete Vorschläge muß man Ihnen natürlich überlassen. Wenn Sie von mir ein politisches Tableau mit Details erwarten, erwarten Sie in diesem Stadium etwas viel. Eine ganz entscheidende Frage für die FDP lautet, wie wollen wir Programmarbeit betreiben? Unser Konzept besteht darin, daß wir die Ziele im Dialog mit der Parteibasis konkretisieren.

Gehört zu diesen Zielen, mehr Rechte für Parteifrauen zu institutionalisieren?

Die FDP hatte als erste Partei eine Generalsekretärin und eine Kandidatin für den Bundesvorsitz. Daraus können Sie entnehmen, daß Frauen bei uns auch ohne den Naturschutzpark Quotenregelung die Möglichkeit haben, in Führungspositionen zu gelangen. Unsere Chance liegt jetzt auch darin, daß die Partei eine überzeugende Antwort auf die Quotenregelung der SPD gibt und dokumentiert, daß Leistung in der FDP entscheidend ist.

Spräche eine Niederlage von Frau Adam-Schwaetzer für die Quotenregelung?

Nein, Frau Adam-Schwaetzer hat Parteigeschichte geschrieben durch ihre Ämter und die Kandidatur. Das kann nicht mehr zurückgedreht werden. Bereits jetzt ist sicher, daß sie in der Parteiführung ein gutes Stück aufsteigen wird. Sie ist auf jeden Fall die Frau der Zukunft.

Interview Charlotte Wiedemann und Petra Bornhöft