Volksbühnen-High-Noon: Geld her oder Abgang

■ Der Intendant der Freien Volksbühne und Regisseur Neuenfels setzte dem Senat die Pistole auf die Brust / Mehr Geld für volle künstlerische Freiheit oder Kündigung

Entweder er bekommt mehr Geld bewilligt oder er geht, kündigte Hans Neuenfels, Intendant der Freien Volksbühne Berlin, gestern an. Der Regisseur forderte ultimativ, innerhalb eines Monats Antwort darauf zu erhalten, ob er seine Arbeit unter seinen Bedingungen fortsetzen könne. Er verlangt eine Garantie dafür, daß bis zum Ende seiner Intendanz 1991 die Freie Volksbühne jährlich einen Zuschuß von 13,1 Millionen DM erhält. Der Verwaltungsdirektor der Freien Volksbühne, Werner Obermeit, hat bereits um seine Entlassung gebeten. Er gab als Grund „herabsetzende Äußerungen“ über ihn im „Unterausschuß Theater“ an.

Der Ausschuß hatte am Montag beschlossen, dem Regiesseur einen Zuschuß von 11,7 Millionen DM für 1989 zu bewilligen. Ohne die zusätzlichen 1,4 Millionen DM sei die Volksbühne nicht als Repertoire-Theater, sondern höchstens als „OFF -Theater“ zu führen. Neuenfels war wegen des zu erwartenden Defizits von 1,5 Millionen DM für 1988 heftig kritisiert worden.

Die FDP-Fraktion hatte sich gar für eine „finanzielle Entmündigung“ ausgesprochen. Im Ausschuß habe aber niemand das Gespräch gesucht, sondern die meisten hätten auf ihren Machtpositionen beharrt, monierte Neuenfels. Er bestehe darauf, „Theater herzustellen, zu versagen und zu gewinnen.“

Der Regierende Bürgermeister hat sich inzwischen nach Angabe von Neuenfels als Vermittler eingeschaltet. Kultursenator Hassemer (CDU) plädierte dafür, die „plakativ als Ultimatum gesetzte Frist“ auch weiterhin für Gespräche zu nutzen.

Heftig reagierten FDP, SPD und AL auf die Rücktrittsdrohungen. Neuenfels suche offenbar „mit athletischer Arroganz den Ausstieg aus seinem mißlungenen Debüt als Intendant“, urteilte die FDP. Die SPD riet Neuenfels, der „seine Arbeit nicht korrekt“ gemacht habe, zu mehr Zurückhaltung. Die AL griff Kultursenator Hassemer an. Er habe als Aufsichtsratmitglied der Freien Volksbühne das Parlament getäuscht, indem er die defizitäre Entwicklung des Theaters bis zuletzt verschwieg.

Hans Neuenfels war im September 1986 nach Berlin als Nachfolger von Kurt Hübner gerufen worden. Damals hatte er angekündigt, er wolle „rebellisches Theater“ machen.

RiHe