Ein Hauch von Freiheit

■ Vergangenen Samstag traf sich die SPD zu ihrem Landesparteitag Redner räsonierten über das Wahlkampf-Motto „Berlin ist Freiheit“

„Der Parteitag hat zugehört“, befand SPD-Chef Walter Momper zufrieden als eine Art Halbzeitbilanz des Parteitags am Samstag. Was die Delegierten sich beim ersten Teil des Parteitages angehört hatten, war anders als die üblichen Lobhudeleien und Durchhalteparolen gewesen. Fast alle GastrednerInnen setzten sich kritisch mit der SPD auseinander und versuchten sich gleichzeitig mit einer Interpretation der Freiheit, die die SPD meine. Das von der SPD ausgegebene Wahlkampfmotto „Berlin ist Freiheit“ gefiel den meisten. Besonders wortgewaltige Schützenhilfe für die innerhalb der SPD umstrittene Parole bekamen die Sozialdemokraten vom Graphiker Klaus Staeck. Der Slogan sei Programm und Herausforderung und solle meinen, daß die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß sich „Menschen als freie Wesen selbstverwirklichen können“, erklärte er. Dagegen sei das christdemokratische Motto: „Jede Menge Zukunft“, etwa so aussagekräftig wie „Jede Menge Gummibärchen“. Der Kampf gegen „die Bleiärsche in Ost und West“ erfordere allerdings einiges an Umdenken bei den Sozialdemokraten. Die stellten nämlich auch ein „großes Kontingent in der Sofakissen-Knick-Armee“. Es genüge nicht, „Gartenzwerge rot anzumalen“. Die kritischen, aber auch verhalten optimistischen Grußworte von der Schriftstellerin Anna Jonas, dem Maler Matthias Koeppel, dem Schriftsteller Hannes Schwenger, dem Violinisten Stern, dem Vorsitzenden der Scharoun-Gesellschaft, Sperlich, Ben Wargin, dem Vorsitzenden des Berliner Kleingartenverbandes, Hurt, und Klaus Bölling schienen Eindruck zu machen auf die Anwesenden.

Auch linke Kreisverbände und Politiker konnten nun dem Motto doch einiges Positive abgewinnen. Der frühere Landesvorsitzende Jürgen Egert hatte inzwischen „begriffen, daß das ganz anders gemeint war“, als er ursprünglich gedacht habe. Man müsse das Motto nur richtig ausdeuten, befand er und tat es auch gleich: Gemeint sei damit nämlich eigentlich die Arbeitnehmerinteressen, die Gesundheitsreform und überhaupt alle sozialen Bereiche. Zwar hatte auch Walter Momper viel geredet von dem „Freiheitsbegriff der Aufklärung“, von „Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, von „individuellen Lebensplänen“ und „freie Entfaltung des Einzelnen„; Beifall gaben die Delegierten ihm aber stets prompt, wenn er den zweiten Teil des Mottos erwähnte: „Eine starke SPD für Berlin“. Der „beste Mann, den die SPD hat finden können“ (Klaus Bölling) beteuerte noch einmal, daß es das Ziel der Partei sei, die absolute Mehrheit von CDU und FDP zu brechen.

Das Wahlprogramm wurde mit einigen Enthaltungen am Schluß des Parteitags angenommen und die Delegierten mit den Worten ihres Vorsitzenden entlassen: „Gehet hin... und vertretet unser Programm!“

RiHe