55 Tage in der Gewalt der Renamo

■ Kapitän und Seeleuten eines ostfriesischen Frachters gerieten am Strand von Mozambique in die Hände der Renamo / Südafrikas Söldner-Guerilla wollte politische Aufwertung

Vier Männer saßen in dem Rettungsboot, das am 20. August an der Bordwand des Küstenmotorschiffs „MS Edda“ hinunterschwebte: Der Kapitän Jügen Hahn, die ostfriesischen Matrosen Harald Brandt und Hans Buchner und ein Decksmann aus Portugal. Kaum eine Stunde später waren sie im Busch von Mosambique verschwunden. 55 Tage blieben sie in der Hand der Guerilla-Organisation Renamo. Ende der vergangenen Woche kamen sie frei.

Mit einer Ladung Pottasche war die „Edda“ von Mobasa (Kenia) nach Richards Bay in Südafrika unterwegs. Vor der felsigen Küste Mozambiques lief sie fast auf Grund. In einer Bucht warf die Besatzung Anker und ließ das Rettungsboot zu Wasser. Die Vier wollten nachsehen, ob die Schiffsschraube bei der Fast-Havarie beschädigt worden war.

Doch dazu kam es nicht. In der starken Brandung schlug das Boot voll Wasser, der Motor fiel aus. Manövrierunfähig trieb das Boot an Land. Auch hier gelang es den Seeleuten nicht, ihr Boot wieder flott zu machen. Mit Einheimischen gingen sie ins nächste Dorf, um Hilfe zu holen. Doch dort wartete schon die Renamo.

Mit Maschinenpistolen be

waffnete Guerilla-Kämpfer verwehrten den Seeleuten die Rückkehr zum Strand. Körperliche Gewalt sei nicht gegen sie ausgeübt worden, berichteten sie nach ihrer Rückkehr, aber sie seien mit Schußwaffen bedroht worden.

Das blieb auch während der folgenden Wochen so. Die meiste Zeit ihrer Gefangenschaft verbrachten sie auf dem Marsch. Die Renamo, die außer den Städten fast das gesamte Land beherrscht, führte sie kreuz und quer durch den Busch. Sie rasteten auf freiem Feld, in Renamo-Camps oder Dörfern, immer streng bewacht. Die Renamo entstand kurz nach der Unabhängigkeit Mosambiques von Portugal. Sie wird von Südafrika mit Geld und Waffen unterstützt. Sie hat das Land an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Sie zerstört Industrieanlagen und Verkehrswege, verbrennt die Ernten und überfällt die Dörfer.

Inzwischen hatte die „Edda“ ihren Ankerplatz längst verlassen und war in ihrem Bestimmunghafen Richards Bay eingelaufen. Der Eigner des kleinen Frachters, Hermann Buss aus Leer, schickte Ersatz-Seeleute dorthin. Er benachrichtigte auch seinen Hamburger Anwalt, und der machte sich auf die Suche nach dem ver

schwundenen Seeleuten.

Dabei habe er offizielle und auch inoffizielle Wege gehen müssen, sagte der Anwalt, der ungenannt bleiben will, gestern zur taz. Schließlich sei es ihm gelungen, Kontakt zur Renamo herzustellen. Die Guerilla-Organisation habe jedoch weder Geld,

noch Waffen von der Bundesrepublik haben wollen. Sie habe sich vielmehr von der Aktion eine politische Aufwertung in Europa versprochen. Nähere Angaben wollte der Anwalt gestern nicht machen. Denn: der portugiesische Seemann, der für die deutschen Gefangenen der Renamo

als Dolmetscher fungierte, befindet sich nach wie vor in der Gewalt der Guerilla-Truppen.

Die drei heimgekehrten Gefangenen sind zwar unverletzt und gesund, aber körperlich und nervlich sehr erschöpft. Für die Presse war gestern keiner von ihnen zu sprechen.

mw