NRW: Farthmann contra Jochimsen

Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, Friedhelm Farthmann, greift Wirtschaftsminister Jochimsen (SPD) an / „Kein Verständnis“ für Absage an AKW-Stillegung  ■  Aus Düsseldorf J.Nitschmann

In der nordrhein-westfälischen SPD bahnt sich eine heftige Auseinandersetzung über die Konsequenzen aus dem Anfang dieser Woche veröffentlichten Sicherheitsgutachten über die Atomanlagen an Rhein und Ruhr an.

Nach Informationen der taz hat Wirtschaftsminister Jochimsen (SPD) innerhalb der Düsseldorfer SPD -Landtagsfraktion erheblichen Unmut mit seiner Ankündigung ausgelöst, trotz der bei der Sicherheitsüberprüfung aufgedeckten zahlreichen Mängel an den Atomanlagen in Nordrhein-Westfalen keine Betriebsstillegungen anzuordnen.

SPD-Fraktionschef Friedhelm Farthmann erklärte gegenüber der taz, er habe überhaupt kein Verständnis dafür, daß Wirtschaftsminister Jochimsen die Stillegung eines Atomkraftwerks von vornherein als Konsequenz aus den jüngsten Sicherheitsgutachten ausgeschlossen habe.

Farthmann betonte, er wolle „nicht mit Gewalt ein Kernkraftwerk schließen“, aber er lege Wert darauf, daß allen Bedenken und Sicherheitshinweisen der Gutachter nachgegangen werde. Bei diesen Überprüfungen müsse „die Minimierung des Risikos absoluten Vorrang vor allen ökonomischen Interessen haben“. Deshalb halte er auch die Stillegung einer Atomanlage für denkbar, auch unter Inkaufnahme eines langjährigen Rechtsstreits.

Die AKW-Gegner innerhalb der Düsseldorfer SPD -Landtagsfraktion hatten damit gerechnet, daß der Wirtschaftsminister aufgrund der aufgedeckten eklatanten Mängel in der Brandschutz- und Störfall-Vorsorge eine umgehende Stillegung des Atomkraftwerks in Würgassen verfügen würde. Da der bereits 1972 in Betrieb genommene Siedewasserreaktor schon abgeschrieben ist, wären mögliche Regreßforderungen der Betreiber für die Düsseldorfer SPD -Landesregierung durchaus kalkulierbar.

Auch die Grünen hatten zeitweise auf eine Schließung von Würgassen spekuliert, damit die SPD im kommenden Landtagswahlkampf 1990 von ihrem „technologischen Lieblingskind“, den Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) in Hamm-Uentrop, ablenken könne.