Die Zentrale des rechten Rands

In einer Bonner Baracke laufen die Fäden für ein Netzwerk verschiedenster Vereine zusammen, die mit US-Geldern in Afghanistan arbeiten und die Contra in Nicaragua und die rechten Guerillas der angolanischen Unita unterstützen / Das Geld zur Finanzierung des Netzwerks kommt unter anderem vom CIA  ■  Von Gaby Gottwald

Am Montag abend, den 11.Juli 1988, platzte der angolanische Guerillaführer Jonas Savimbi mitten ins Bonner Sommerloch und sorgte für Aufregung. Mit staatsmännischem Habitus, mit Privatjet und gepanzerter Staatskarosse traf der Führer der rechten, von den USA und Südafrika unterstützten Guerillabewegung Unita am Kölner Flughafen ein. Trotz Weigerung des Auswärtigen Amts, Savimbi zu empfangen, blieb die Regierungstür für den umstrittenen „Gast“ nicht verschlossen: Immerhin kam es zu einem Treffen mit dem Leiter der außenpolitischen Abteilung des Bundeskanzleramts, Telschik, nachdem Savimbi sich schon in München mit seinen CSU-Freunden Strauß und Bundesminister Klein getroffen hatte.

Klein hatte vorab in einer vierseitigen Sonderbeilage in der 'Welt‘ für Publicity für die Unita und die Stiftung „Hilfe in Not“ gesorgt, die den Savimbi-Besuch organisierte. Die Stiftung aber, die diesen provokanten Coup landete und damit selbst die Bundesregierung in Verlegenheit brachte, kannte kaum einer.

Sichtbar wurde mit der Stiftung nur die Spitze eines komplizierten Geflechts rechter und konservativer Vereine. Die Zentrale des Netzwerks befindet sich in der Meckenheimer Allee in Bonn; zurückgesetzt zwischen den Hausnummern 89 und 91 in einer kleinen Baracke. Ihren Sitz haben dort sowohl die erst Anfang 1987 gegründete „Stiftung Hilfe in Not“ und der „Humanitäre Informationsdienst“ als auch ein „Förderverein für staatsbürgerliche Bildung e.V.“, das „Bonner Friedensforum e.V.“ und das „Deutsche Afghanistan -Komitee e.V.“ Der französischen „Coordinacion Humanitaire Europeen pour Afghanistan“ und die Gruppe „Studenten für den Frieden“ dient die Baracke als Postanschrift. Bis zu ihrem Umzug 1986 residierte hier ebenfalls die Nicaragua -Gesellschaft, die Lobbyarbeit für die Rechtsopposition und die Contra in Nicaragua macht.

Die Vielfalt der Namensgebungen täuscht, denn die Vereine sind stets auf den gleichen Kern von Leuten zurückzuführen. Als vermeintlich bildungspolitische Einrichtungen oder Vereine für humanitäre Aufgaben besetzten sie am rechten Rand der CDU/CSU konservative Politikfelder und vertreten die US-amerikanische Rüstungs- und Außenpolitik in Bereichen, in denen die Bundesregierung Zurückhaltung übt: Zusammenarbeit mit der Unita in Angola, den Mudjahedin in Afghanistan, der Contra in Nicaragua. Daß die Vereinsakteure für ihr Engagement auch Gelder von der US-Regierung erhalten, verwundert deshalb nicht.

Eine der Schlüsselfiguren im Vereinsgewusel ist der Jurist Dietrich Kantel, langjähriges Junge-Union-Miglied. Er ist 1.Vorsitzender der „Stiftung Hilfe in Not“ und Geschäftsführer des „Fördervereins für staatsbürgerliche Bildung“. Fast alle Vereine sind mit Kantel und dem immer gleichen Personenkreis gegründet worden: dem Ehepaar Rolf und Anke Lerch sowie deren Bruder Christian Schlottgeld, Michael Sagurna, Ulf Sanders, Andrea und Denny Hundeshagen, der Frau Kantels und deren Bruder Christian Schlottfeld. Personelle Verknüpfungen gibt es auch mit der CDU-nahen „El -Salvador-Gesellschaft“, die die Politik des Christdemokraten Duarte unterstützt, und der „Deutschland -Gesellschaft - Verein für deutschlandpolitische Kultur- und Bildungsarbeit“.

Die Kerntruppe schiebt nicht nur die Vorstandsposten zwischen sich hin und her, sondern verknüpft auch die Vereine miteinander. Der „Förderverein für staatsbürgerliche Bildung“ fördert per Satzung die Nicaragua-Gesellschaft und das Bonner „Friedensforum“. Zudem geben der „Förderverein“ und das „Afghanistan-Komitee“ Geld an die „Stiftung Hilfe in Not“. Letztere verpflichtet sich wiederum per Satzung, im Auflösungsfall ihr Vermögen an den „Förderverein“ zu geben.

Die „Stiftung Hilfe in Not“ unterstützt die Unita über medizinische Projekte in Jamba, im Süden Angolas, wo Savimbi sein Hauptquartier unterhält. In Kooperation mit dem Deutschen Afghanistan-Komitee führt sie medizinische Projekte für die Mudjahedin durch und unterhält für ihre Pressearbeit ein Büro in Peshawar/Pakistan. Das Afghanistan -Komitee leistet ebenfalls medizinische Hilfe, verfügt über eine beachtliche Infrastruktur in Pakistan mit zahlreichen Mitarbeitern und Büros in Peshawar und Quetta. 1986 gelang es gar, eine Stelle für einen Zivildienstleistenden mit Einsatzort Pakistan zu bekommen.

Bleibt zu fragen, woher das Geld kommt, um dieses Netzwerk zu finanzieren. Die finanzstärkste Organisation ist das Afghanistan-Komitee (DAK), das den größten Teil seiner Gelder von der US-Regierung bezieht. Der Vorstand verweist mit Stolz darauf, daß das DAK die einzige bundesdeutsche Organisation ist, für die die US-Regierung Haushaltsmittel bereitstellt: 1986 waren es eine Million Dollar der Regierungsbehörde für Entwicklungsfragen (US-Aid), mit dem das DAK ein „resettlement projekt“ durchführt. Über einen Kooperationsvertrag mit dem rechtskonservativen „Mercy Fund“, der über 2,5 Millionen regelmäßige Spender und US -Haushaltsmittel verfügt, sichert sich das DAK weitere US -Gelder. Finanzträchtig erweist sich auch die Zusammenarbeit mit der Jungen Union in Rottenburg, wo das DAK eine Außenstelle unterhält. Allein 1986 erhielt das Komitee Sachspenden in Höhe von 1,5 Millionen Mark von den dortigen Jungunionisten.

Der Haushaltsplan des Afghanistan-Komitees für 1987 ging von Gesamteinnahmen von über fünf Millionen Mark aus, von denen rund 1,5 Millionen Mark über Spenden aufgebracht werden sollten. Das „Friedensforum“, das enge Kontakte zur „Nicaragua-Gesellschaft“ unterhält, trat hervor mit Veröffentlichungen zu Nicaragua, Afghanistan und SDI, hatte 1987 einen Etat von 260.344 Mark, zumindest teilweise finanziert von der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Freundschaftliche Beziehungen unterhält das DAK mit der in der rechten Ecke angesiedelten „Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte“, die ebenfalls einen Teil ihrer für Afghanistan gesammelten Spenden auf das DAK-Konto überweist.

Besonders lohnend war für das DAK ein Spendenaufruf des Mitbegründers der „Konservativen Aktion“ und ehemaligen Leiters des ZDF-Magazins Gerhard Löwenthal 1984 in einer Sendung: so verfügte das DAK 1986 noch über einen Restbetrag der Spendensammlung von 1,4 Millionen Mark, der als Rücklage auf einem Festgeldkonto lag, was sicherlich nicht Absicht der Spender war.

In der Bundesrepublik entfaltet das DAK darüber hinaus eine rege Werbung über Anzeigen, Vorträge und Interviews. Der gemeinnützige Verein hat außerdem die Gerichte angeschrieben, damit diese dafür Sorge tragen, daß Bußgelder auf das DAK-Konto fließen.

Neben der Mitgliedschaft in der „Coordinacion Humanitaire Europeen pour Afghanistan“ arbeitet das DAK aufs engste mit dem Schweizer Ost-Institut von Peter Sager zusammen, von dem es ebenfalls Spendengelder erhält. Der Nationalrat Sager ist eine der herausragenden Figuren der rechtsradikalen Szene in der Schweiz und bedeutendes Mitglied im reaktionären „Hofer -Club“. Der bekannte Contra-Lobbyist unterhält engste Kontakte zur fachistischen „Antikommunistischen Weltliga“, die mittelamerikanische Todesschwadrone und Diktatoren wie Pinochet und Strössner unterstützt. Sager sorgt über einen Kooperationsvertag auch für einen Teil des Personals für die DAK-Projekte für Afghanistan.

Die politische Abwicklung der DAK-Projekte wird mit US -Stellen, der pakistanischen Regierung, den Mudjahedin und auch der bundesdeutschen Botschaft koordiniert. Da ein Teil der Aktivitäten des amerikanischen Geheimdienstes CIA personell als auch finanziell verdeckt über die US-Aid stattfindet, ist nicht auszuschließen, daß sich das DAK aus diesen Quellen speist und im Rahmen seiner Kooperation mit US-Stellen häufig mit CIA-Beamten zu tun hat. „Insgesamt gestaltete sich die Zusammenarbeit und der Kontakt mit amerikanischen Organisationen, vor allem mit dem State -Department, der amerikanischen Botschaft in Bonn und der amerikanischen Botschaft in Islamabad sehr gut“, rühmt sich deswegen auch die Stiftung im Jahresbericht 1986.