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Erobert die Heizung!

■ Betr.: "Macht ist ein Mittel zum Ziel", taz vom 26.10.88

betr.: „Macht ist ein Mittel zum Ziel“, taz vom 26.10.88

Ja, der Frotschritt ist eine Schnecke, Politik ist schmutzig und Macht macht häßlich... Irgendwie haben wir das alles schon mal gehört, was die Professorinnen und Abgeordnete via taz-Frauenseite das Weibervolk wissen lassen.

„Welche Frau,“ - so fragen sie - „will schon Direktorin sein und den ganzen Verwaltungskram machen müssen, statt unterrichten dürfen?“ Da raten wir: schreibt die Stelle aus und wenn nötig, fragt doch einfach mal die Sekretärin oder die türkische Putzfrau.

„Der wichtigste Aspekt in jeder Machtbeziehung ist die Tatsache, daß es zwei gibt, eine/r die/der was will und eine/r, die/der das geschehen läßt.“ Unser Tip: Diskutiert diese bahnbrechende These mal mit den GenossInnen aus El Salvador oder Nicaragua oder mit der Aldi-Kassiererin von der Ecke.

„Was macht die Frau, wenn sie oben allein in der frierigen Ecke der Chefetage sitzt?“, werden wir gefragt. Aus eigener Erfahrung: erobert die Heizung!

„Solidarität heißt Kritiklosigkeit“ wird geklagt. Da haben sie einfach was mißverstanden, die armen; sagt doch schon jede gute Eheberaterin: wo nicht ordentlich gestritten wird, taugt die ganze Ehe nix. Also keine Angst: Kritik und (manchmal) Selbstkritik ist die Basis für Solidarität. Und deshalb ist der Vorschlag: „Ausdifferenzieren statt solidarisieren“ einfach Blödsinn.

Und auf die Frage: „Ist es eine gefährliche Forderung, wenn Frauengruppen offiziell zu allen Abrüstungskonferenzen eingeladen werden“ - da können wir beruhigt mit nein antworten. Es ist nicht gefährlich, weder für die Konferenzen, noch für die Frauen, noch für die Abrüstung. Noch Unklarheiten?

Ach ja, da ist ja noch „die Erkenntnis“ daß Langsamkeit die größte Bedrohung für das Funktionieren der Männerwelt darstellt. Das Primat der Langsamkeit zu befolgen, heißt dem eigenen Herzrhythmus folgen“... Da wollen wir nur hoffen, daß uns dann nicht demnächst der Herzstillstand als effektivste Methode von feministischer Politik gepriesen wird, sozusagen der Dornröschenschlaf als Ultima Ratio von Gestaltungslust. Für diesen Fall - drohen wir schon jetzt an - machen wir unsere Politik einfach wie es uns paßt, ohne philosophische Grundsatzerwägungen, ohne den Mief der Teesalon-Plaudereien der Damen der besseren Gesellschaft des 19.Jahrhunderts, ganz praktisch an den konkreten Themen, zum Beispiel bei der Katastrophenhilfe für Nicaragua, Spendenkonto 976738, Stadtsparkasse Wuppertal (BLZ 330 500 00), Stichwort Hurrican.

Anne Schulz, Rita Werkmeisterin, Grit Moßmann

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