Ungeheuerlicher Vorgang-betr.: "Internierungslager für Kölner Roma", taz vom 26.10.88

betr.: „Internierungslager

für Kölner Roma“,

taz vom 26.10.88

Es ist unfaßbar, daß es so etwas in unserer Zeit, im sozialen, demokratischen Deutschland mit seiner Schuld, 500.000 Sinti und Roma ermordet zu haben, geben kann! Da meine Eltern selber im KZ waren, weiß ich, daß es auf diese Art, wie es die Stadt Köln versucht, auch bei Hitler angefangen hat. Man braucht nur an Dr.Ritter und Eva Justin zu denken. Erfassung, Internierung, Vernichtung!

Da sich in letzter Zeit die Repressalien gegen uns Sinti und Roma häufen - siehe Darmstadt - mache ich mir wirklich Sorgen um unsere Zukunft.

Georg Wilhelm, Bayreuth

Ich finde es gut und richtig, wenn dieser Artikel einen bundesweiten Entsetzensschrei auslöst. Solches dürfen wir nicht zulassen. Wir können bestimmt etwas dagegen tun, es betrifft uns alle. Ich habe hier in Kaiserslautern eine Unterschriftenaktion angefangen und werde den Text an viele Freunde in der BRD schicken.

Sabine Lill, Kaiserslautern

Die wiederholte Berichterstattung über die geplante Internierung der in Köln lebenden Roma habe ich mit besonderer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen. Mein Gedächtnis an historische Ereignisse ruft die Erinnerung daran zurück, daß die Voraussetzung der Vergasung von Kindern, Jugendlichen, Juden, Homosexuellen und nicht zu vergessen auch Roma zunächst die Schaffung von Konzentrationslagern oder anderweitigen Ghettos erforderlich machte. Haben Sie bitte etwas Geduld!

Lothar v.d.Brück, Bad Nauheim

Wir, die TeilnehmerInnen einer Veranstaltungsreihe, die sich anhand des Films Shoah mit der Massenvernichtung der europäischen Judenheit im nationalsozialistischen Deutschland auseinandersetzt, sind empört über das Vorhaben der Stadt Köln, im Interesse der Firma Sony die Roma von ihrem Lagerplatz zu vertreiben und auf dem sogenannten Glanzstoffgelände ein Internierungslager zu errichten. (...)

Insbesondere unter dem Eindruck der Schilderungen des Funktionierens der Praxis der Massenvernichtung nicht nur der Juden, sondern auch der Roma und Sinti und anderer Minderheiten in dem Film Shoah müssen wir feststellen, daß die geplanten „Maßnahmen“ der Stadt Köln in offenbar ungebrochener Kontinuität zu der Praxis der Aussonderung, der Internierung und der Vertreibung von „Fremden“ steht, die der „Endlösung“ vorausgegangen ist und ihr vorausgesetzt war.

Die geplanten Maßnahmen zeigen mit schrecklicher Deutlichkeit, daß die menschenverachtende „Rationalität“ des Zusammenspiels von ökonomischen Interessen, technokratischer Verwaltung und Fremdenfeindlichkeit, die die reibungslose Durchführung der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ in Deutschland möglich gemacht hat, nach wie vor besteht.

Wir protestieren auf das schärfste gegen die geplanten Maßnahmen. Wir fordern die Stadt Köln auf, sie umgehend zurückzunehmen und erwarten, daß die politisch Verantwortlichen sich öffentlich für diesen ungeheuerlichen Vorgang entschuldigen!

18 TeilnehmerInnen, Umdenken Politisches Bildungswerk e.V., Hamburg 50