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Abstruse Gedanken?

■ Betr.: "Die Sumerer gab es nicht", taz vom 29.10.88

betr.: „Die Sumerer gab es nicht“, taz vom 29.10.88

(...) Ich will nur ein Beispiel nennen für die vollkommen abstrusen Gedanken, die in den besprochenen Büchern ausgebreitet werden: Herbert Illig will (in „Veraltete Vorzeit“) das heute allgemein akzeptierte Chronologieschema vollkommen umschreiben und kommt zu dem Schluß, Alt- und Jungsteinzeit überlappen sich bei einer Dauer von 10.000 Jahren und reichen bis ins zweite vorchristliche Jahrtausend. Die heutige Lehrmeinung, die auf einer Vielzahl von Datierungsmethoden (C14-Messung, Holzjahrring-Messungen, usw.) und auf Tausenden von Grabungsergebnissen mit eindeutigen Schichtenabfolgen beruhen, läßt die Altsteinzeit vor ca. einer Millionen Jahren beginnen, und der Übergang zur Jungsteinzeit vollzieht sich etwa um 6000 vor Christi.

Ziel der archäologischen Forschung ist es, ein Bild der frühen Entwicklung der Menschheit zu entwickeln und damit ein historisches Denken zu ermöglichen. Wie sollen wir wissen, wohin wir gehen können/sollen, wenn wir nicht wissen, wo wir herkommen?

Die Gefahr bei solchen Artikeln ist dabei folgende: Ein Leser, der sich nicht auskennt, muß das Gefühl erhalten, daß alles, was bis jetzt über die Vorgeschichte erforscht wurde, in die falsche Richtung geht. Und warum sich dann noch damit beschäftigen?

Eine vertane taz-Seite. Dabei gäbe es - gerade in einer linken Zeitung - auch genügend interessante Archäologie -Themen zu diskutieren. Das Verhältnis der Vorgeschichtsforschung zum Nationalsozialismus zum Beispiel, die heute immer noch nicht aufgearbeitete Germanenforschung im Dienst der Faschisten. Oder mal ein Artikel über Theorie zur Entstehung von Besitzverhältnissen, Umweltzerstörung, hierarchische Sozialstrukturen. Oder eine kritische Durchsicht der Matriarchatsdiskussion... Aber bitte nicht mehr solche offensichtlich an den Haaren herbeigezogenen Sachen!

Michael Meyer, Marburg

Ich danke euch für die Veröffentlichung der sehr guten Rezension von Mathias Bröckers über die Bücher von Heinsohn, Illig und Blöss. (...)

Winni Marold, Weinsberg

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