Fritz Tepperwien zurückgetreten

■ Erste personelle Konsequenz des St.-Jürgen-Ausschusses: Nach 13 Jahren schmeißt Sprecher der Gesundheitsdeputation sein Amt / Fachfremder Nachfolger schon vorgeschlagen

Zum ersten Mal haben gestern die Enthüllungen im Skandal um die Schwarzgeldklinik St.-Jürgen-Straße einen politischen Kopf gekostet: Der SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Arbeitersamariterbundes, Fritz Tepperwien, trat als Sprecher der Gesundheitsdeputation zurück.

13 Jahre lange war er in dieser Funktion für die parlamentarische Kontrolle der Gesundheitsbehörde - und damit indirekt auch für deren Versäumnisse in Sachen St. -Jürgen-Klinik - verantwortlich. „Nach siebzehn Jahren aktiver Gesundheitspolitik mit unendlich vielen Auseinandersetzungen auf allen Ebenen bin ich nun zu müde und aufgerieben, um in diesem Bereich noch als Hilfszielscheibe zu dienen“, begründete er in einem Brief an die SPD-Fraktion den Rücktritt.

Gleichzeitig machte Tepperwien seine SPD-Genossen für den Rücktritt verantwortlich. Noch am Mittwoch hatte er in der Bürgerschaft eine gesundheitspoltische Grundsatzrede gehalten und mit keinem Wort die Mißstände in der Bremer Zentralklinik erwähnt. Daraufhin hatte die Grüne Carola Schumann unter großem Applaus der Oppositionsfraktionen seinen Rücktritt gefordert. Diese „von der Fraktion unerwi

dert gebliebene Rücktrittsfor derung war deutlich. Einst beschworene Solidarität kann man in dieser schwierigen Situation nicht einfordern“, beklagt sich Tepperwien bitter bei den Genossen.

„Die Reaktion kommt reichlich spät“, kommentierte CDU -Fraktionschef Metz Tepperwiens Rücktritt, „aber jetzt ist die Wagenburgmentalität der SPD durchbrochen“. Die Grünen leerten im Parlaments-Foyer eine Flasche Sekt auf Tepperwiens Rücktritt. Carola Schumann freute sich über die „prompte Reaktion“ auf ihre Forderung vom Mittwoch. „Der Rücktritt war überfällig, weil Tepperwien der Opposition wichtige Informationen vorenthalten hat“, meinte sie und spielte darauf an, daß der Deputations-Sprecher am 17. Dezember 87 nur seine SPD-Kollegen über einen 66seitigen Untersuchungsbericht der Schlampereien in der St.-Jürgen -Klinik informiert hatte.

Die SPD-Fraktion hatte nach Tepperwiens Ankündigung in einer Sondersitzung sofort einen Nachfolger vorgeschlagen: den Nord-Bremer Baudeputierten Erik Petersen. „Der Rücktritt kam für mich persönlich so überraschend nicht“, meinte Dittbren

ner vor der Presse. Zwar sei Tepperwien ein „exzellenter Gesundheitspoltitiker“ gewesen, doch dann habe angesichts der massiven Vorwürfe der Opposition seine „Dünnhäutigkeit“ eine „nicht zu unterschätzende Rolle“ gepielt. Den Vorwurf, die Fraktion habe ihren Deputations Sprecher fallenlassen, wies Dittbrenner zurück: „Wir haben ihn nicht zum Rücktritt gedrängt“.

Sogar der SPD-Landesvorsitzende und frühere Gesundheitssenator Herbert Brückner sah gestern das Image der Bremer Sozialdemokraten „angekratzt“. Der Gesundheitsexperte Fritz

Tepperwien, der in zwei Zeugenaussagen vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuß vor allem dadurch aufgefallen war, daß er von nichts etwas wußte, wird ab sofort auf eigenen Wunsch Mitglied der Deputation für Justiz und Verfassung.

Dirk Asendorpf