Einheitsfront auf der Lenin-Werft

■ Solidarnosc und offizielle Gewerkschaft für Erhalt der Lenin-Werft / Vielleicht doch noch „runder Tisch“

Warschau (ap/dpa/afp) - Als sich am Mittwoch die fast 10.000 Gewerkschaftsmitglieder der Solidarnosc und des offiziellen Gewerkschaftsverbandes OPZZ auf der Danziger Leninwerft versammelten, standen sie nicht nur äußerlich zusammen. Arbeiterführer Walesa verkündete, beide Gewerkschaften wollten gemeinsam für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen. Einen „Streik als Kampfmittel schloß er jedoch erneut aus. Bürger aus dem ganzen Lande, so Walesa, hätten ihm ihre Bereitschaft erklärt, Anteile an der Werft zu erwerben. Die Weigerung der Regierung, die Solidarnosc neben der OPZZ als Gewerkschaft offiziell zuzulassen, war bisher eines der Haupthindernisse für das Zustandekommen des „runden Tisches“. Ministerpräsident Rakowski ist der Solidarnosc einen Schritt in dieser Frage entgegengekommen. Er erklärte, daß am „runden Tisch“ über alle Fragen „ohne Ausnahme“ gesprochen werden müsse, auch über ein neues Modell der Gewerkschaftsbewegung. Äußerungen verschiedener Sprecher deuten darauf hin, daß auch von Solidarnos-Seite die Tür zu Verhandlungen noch nicht zugeschlagen ist. Als Bedingung wird nun allerdings neben der Rücknahme der Werftschließung auch die Freilassung aller nach den letzten Streiks inhaftierten Bergleute gefordert. Der Gewerkschaftsverband OPZZ könnte in diesen Fragen zum Vermittler werden, ihr Vorsitzender ist Mitglied des Politbüros, der gesamte Vorstand hat die Regierung um ein Gespräch zum 9.November gebeten. Die britische Premierministerin Thatcher erklärte zu Beginn ihres Staatsbesuchs in Polen, sie wolle sich in die inneren Angelegenheiten des Landes nicht einmischen. Am Freitag ist ein Treffen Thatchers mit Arbeiterführer Walesa vorgesehen. Dieser sagte am Mittwoch, er bewundere zwar die Außenpolitik der Premierministerin, nicht aber ihre Haltung zu innenpolitischen Fragen in Großbritannien.

BK