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Glotz gegen heißen Tanker gerannt

Nachdem ihn niemand in der bayerischen SPD als Spitzenkandidaten haben wollte, streicht der Ex-Bundesgeschäftsführer nun auch von sich aus die Segel / Platzhirsch Hiersemann hält Minusrekord  ■  Aus München Luitgard Koch

„Diese Entscheidung bedeutet kein politisches Zurückweichen“, betonte gestern der südbayerische SPD -Bezirksvorsitzende und frühere Bundesgeschäftsführer Peter Glotz vor der Presse. Kurz zuvor hatte der 49jährige bekanntgegeben, daß für ihn das Rennen um die Spitzenkandidatur bei den bayerischen Landtagswahlen 1990 gelaufen sei. Der flinke Intellektuelle im blauen Nadelstreifenanzug überläßt dem schwergewichtigen Karl-Heinz Hiersemann das Feld und zieht seine Bewerbung zurück.

Seit der Modernisierer Glotz im Juli dieses Jahres gegen den Oppositionsführer im Landtag, Hiersemann, überraschend angetreten war, ist die SPD in Bayern im Gespräch. Seine provokanten Thesen, mit denen er für einen „Ausbruch aus der Wagenburg“ und einer stärkeren Öffnung der Partei Richtung Mittelstand, Selbstständige und Unternehmer plädierte, sorgten teilweise für böses Blut unter den Genossen. Als Glotz‘ stärkster Widersacher entpuppte sich der SPD -Bundestagsabgeordnete und Chef des zweitstärksten SPD -Bezirks Niederbayern/Oberpfalz, Ludwig Stiegler. Der Oberpfälzer Stiegler setzte dann auch zusammen mit dem Gewerkschaftsflügel bei der Sitzung des SPD-Vorstands vor zwei Wochen eine Abstimmung durch, bei der Glotz keine einzige Stimme bekam. Diese frühzeitige Empfehlung „Pro -Hiersemann“ (entschieden werden sollte eigentlich erst auf einem Sonderparteitag im Februar nächsten Jahres) gab Glotz den Rest. Nach einer Bedenkzeit und Warten auf Reaktionen von der Basis zog der gescheiterte Herausforderer jetzt seine Konsequenzen.

Durch den „panikartigen Eingriff des Landesvorstands“ (Glotz) sei aus einer Doppelbewerbung, die als Wettbewerb von Ideen und Personen die SPD interessant machen sollte, ein „erbitterter Kampf um Macht und Prestige“ geworden. Dieser Kampf könne der SPD schaden. Die Linie der Öffnung Glotz hatte sich mehrmals bei seinen Vorstellungsrunden im Gegensatz zur „Hiersemann-Linie“ für Koalitionen mit Grünen und FDP ausgesprochen - will er jedoch auch zukünftig „hart und deutlich vertreten“ und weiterhin „Perestroika betreiben“. Vor allem das SPD-Motto „Wenn das Schiff schon nicht fahren kann, soll es wenigstens nicht schaukeln“ vergrätzt den angeschlagenen Reformpolitiker. Als Spitzenkandidat bei den vergangenen Landtagswahlen hatte Hiersemann mit 27,6 Prozent das schlechteste Ergebnis der SPD seit 1946 eingefahren.

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