Denkt man an Krimis und Paris...: Ein Clochard mit schlechten Karten/Das stille Gold der alten Dame/Elster-Verlag

Denkt man an Krimis und Paris, fällt einem natürlich sofort Georges Simenon und sein Kommissar Maigret ein. Aber Maigret ist ein müder Schlaffi gegen den Privatdetektiv Nestor Burma. Die beiden haben außer dem Pfeiferauchen genausoviel gemeinsam wie ein Pottwal und Hai. Burma erinnert eher an Sam Spade oder Philipe Marlowe, denn auch im Paris der 50er Jahre waren die Straßen schwarz, und daß nicht vom Dunkel der Nacht allein... Nestor Burma ist der einsame Jäger der durch diese geheimnisvollen Straßen streift, und bizarre Verbrechen aufklärt.

Der Fall Ein Clochard mit schlechten Karten treibt den Detektiv ins 15. Arrondissement: Paul Demessy, früher mal Clochard, jetzt Hilfsarbeiter bei Citroen, ist spurlos verschwunden. Seine Freundin, die ein Kind von ihm erwartet, engagiert Nestor Burma um den zukünftigen Vater zu finden und möglichst heil zurückzubringen. Die Suche führt den Helden durch häßliche Vorstadtviertel, durch die tristen Werkshallen von Citroen, durch merkwürdige Hotels und arabische Cafes. Er besucht den Bal Negre, trifft eine Wahrsagerin und die Ex-Frau des Ex-Clochard. Dann gibt es den ersten Toten und Nestor Burma beschäftigt sich intensiv mit Jeanne, einer jungen Frau, die mit ihrem lockeren Liebesleben die Mieter eines sozialen Wohnbaus schockiert. Keine Frage: Burma hat alles unter Kontrolle! Auch im vornehmen 16. Arr. kommt er zurecht. Dort kümmert er sich um Das stille Gold der alten Dame. Jene Dame hat ihren Chauffeur gefeuert und der rächt sich, indem er der Alten den Schmuck klaut. Burma wird engagiert um die Klunker zurückzuholen. Eine Kleinigkeit denkt sich der Detektiv. Aber da hat er sich getäuscht, denn die Nichte der alten Dame schaltet sich ebenfalls in den Fall ein.

Der ehemalige Surrealist Leo Malet schuf mit Nestor Burma und der Reihe Les nouveaux mysteres de Paris eine faszinierende und in der Welt wohl einmalige Krimiserie. Jeder Band (auf deutsch sind bis jetzt 14 erschienen, alle im Elster-Verlag) spielt in einem anderen Viertel der Seine -Metropole, ein paar Stadtteile hat Malet allerdings ausgelassen, so z.B. das 7. Arr., das war ihm einfach zu langweilig. Wenn man will, kann man die Bücher wie einen Stadtführer benutzen (Straßen, Plätze, Häuser stimmen). Jeder Band enthält einen Plan und ein Straßenverzeichnis des jeweiligen Viertels.

Malet, geboren 1909 in Montpellier, erhielt 1958 den „Großen Preis des Schwarzen Humors“ für seine „Neuen Geheimnisse von Paris“ - völlig zu recht! Vergeßt den Quai des Orffevres und Kommissar Jules Maigret und lest was Nestor Burma über Paris zu erzählen hat.

Karl Wegmann