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Schöner Meyers Papagei

■ 800 gefiederte Haustiere sammelten in der Stadthalle für ihre unbehausten Artgenossen / Vogelfreunde mit Vereinsausweis trafen sich zur jährlichen Zuchtschau

„Bitte, könnten Sie mir sagen: Was kostet der kleine Wellensittich da hinten? Der ist ja so niedlich!“ Auch wenn ich aus mir unerklärlichen Gründen offensicht

lich so aussehe: Was der kleine, niedliche Wellensittich da hinten kostet, weiß ich auch nicht. Aber sonst weiß ich seit gestern so ziemlich alles Grundlegende über die Kunst des Vogelzüchtens. Zum Beispiel:

Die Wangenflecken des Mosaikrotachatopal-Kanaris müssen deutlich abgegrenzt sein. Fett-und Grundfarbe sollten in ausgewogenem Verhältnis stehen. Wenn der Richter zur Punktvergabe kommt, ist Haltung anzunehmen. Dafür ist der Gesang egal. Was manche Federviecher aber entweder nicht mitbekommen haben oder wider besseres Wissen ignorieren: Rund 800 Vögel vom kleinkinderhandgroßen „Goldbrüstchen“ bis zum „Hyazinth-Ara“ im Krähenformat tschilpten, zwitscherten und plapperten gestern zum Stolze ihrer züchtenden Dämchen und Herr

chen und zum Wohle der gesamten Vogelwelt um die Wette. Der Bremer e.V. der Vogelliebhaber hatte pastellgetönte Prachtfinken und knallebunte Rosenköpfchen, langschwänzige Edelsittiche und Meyers Papageien (die heißen so) und alle, alle seine anderen Lieblinge zur jährlichen Zuchtschau und zu einem guten Zweck zusammengetragen: Reinerlös aus Vereinstombola und Eintrittskarten gehen an die Wümmewiesen, wo der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) mit dem Verdienst der exotischen Arten neue Tümpel und Feuchtsenken für die heimische Vogelwelt anlegen soll.

Im Gegenzug bekommen die schönsten Ziegensittiche und Blaustirnamazonen, die ihre ostbrasilianische Heimat gegen eine Bremer Voliere in Herrn Günter G.s Vogelzüchter -Wohnzimmer

getauscht haben, prächtige Pappschilder mit Geschenkbandschleifchen verliehen: Drauf steht z.B.: „Bester der Ortsschau“, Gruppensieger Hellvögel“ oder „Klassensieger“.

Vogelunkundige Besucher bekommen zwar keine Plaketten mit auf den Weg, dafür gute Tips, mit denen auch der Laie was zur Vogelvielfalt beitragen kann: Im Garten natürlich die Giftspritze weglassen, statt Ziergesträuch vogelschützendes Dornengehölz pflanzen, dazwischen auf kurzgeschorenen englischen Rasen verzichten und lieber Wildblumen wachsen lassen, Nistkästen nicht passend zur Einfamilienhausfassade aussuchen, sondern zur Vogelart und im Winter nur bei Dauerfrost und nach ornithologischer Fachberatung füttern. Zum Beispiel vom Verein Bremer Vogelliebhaber.

K.S.

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