Hoffnungszeichen

■ Ende der Polarisierung in Südtirol

Ein Tiroler Sprichwort sagt, daß man den Speck nicht essen soll, bevor er ganz geräuchert ist: Tatsächlich kann man die Wahlergebnisse in Südtirol erst jetzt, nach Bekanntgabe aller Details, in vollem Umfang einschätzen. Und da zeigt sich, daß sich hier Gewaltiges zu verschieben begonnen hat. So läßt sich der Wahlerfolg der Neofaschisten nur im Vergleich mit den letzten Regionalwahlen vor fünf Jahren als sensationell bewerten – gegenüber den Parlamentswahlen vom Vorjahr haben die Faschisten sogar ein gutes Prozent verloren. Die Radikalisierung der italienischsprachigen Bevölkerung, terrorisiert von der Dominanz der Deutschen, hat ihren Höhepunkt überschritten.

Wichtiger noch sind die „internen“ Ergebnisse der Liste der Südtiroler Volkspartei: Dort haben die in letzter Zeit eher „Gemäßigten“ wesentlich mehr persönliche Stimmen erhalten als der völkische Hardliner Benedikter – fast vier Mal so viel. Die „finale Konfrontation“ der deutsch- und italienischsprachigen Volksgruppe scheint mit diesen Entwicklungen sowohl bei den Italienern wie auch bei den Deutschen gebannt. Das bestätigt auch der große Erfolg der Grünen Liste: Sie hatte in ihrem Wahlkampf nicht nur den Umweltschutz in den Vordergrund gestellt, sondern vor allem Modelle für eine friedliche Koexistenz, ja Symbiose der beiden Volksgruppen aufgezeigt. Damit hat die „Lista verde“ vor allem unter der Jugend, der Sprachprobleme und angestaubtes Heimatbündlertum längst nichts mehr bedeuten, viele Wähler gefunden.

Ein Zeichen also, daß solche, die Menschen unmittelbar angehenden Themen auf lange Sicht viel mehr bringen als die große, große Politik der Christdemokraten, Kommunisten, Sozialisten, denen – konsequent – die Wähler nach und nach immer mehr das Vertrauen entziehen.

Werner Raith