„Setzen Sie ein Zeichen, Herr Staatspräsident!“

Sozialdemokratische Europaabgeordnete und MdBs übergaben gestern einen an Botha gerichteten Protestbrief in Bonn  ■ D O K U M E N T A T I O N

Sehr geehrter Herr Staatspräsident,

in tiefer Sorge wende ich mich an Sie wegen des am 18.November des Jahres ergangenen Schuldspruches im Delmas -Hochverratsprozeß gegen Popo Molefe, Patrick Lekota, Moses Chikane, alle drei führende Mitglieder der Befreiungsbewegung United Democratic Front; und gegen Thomas Manthata, Sozialarbeiter im Südafrikanischen Kirchenrat.

Die Gruppe der SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament und die Mitglieder der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag unterstützen diese Organisationen wegen ihres nichtrassistischen und gewaltfreien Einsatzes zur Überwindung der Apartheid. Einigen von uns sind die vier Angeklagten seit Jahren persönlich bekannt.

Auch ich verbürge mich für ihre Integrität und für die Aufrichtigkeit ihres Bemühens um Gerechtigkeit in dem Land, dessen Bürger sie sind. (...)

Das besondere Programm der Europäischen Gemeinschaft für die Opfer der Apartheid versucht, denen zu helfen, die sich mit gewaltfreien Mitteln für die Überwindung des Rassismus in Südafrika einsetzen. Wir bewundern die vielen Männer und Frauen, die für Frieden und Gerechtigkeit in Südafrika ihr Leben einsetzen.

Zutiefst beunruhigt sind wir über die Änderung der Rechtsprechung in Ihrem Land, in dem jetzt ohne erwiesene persönliche Schuld Menschen zu Hochverrätern erklärt werden.

Deshalb bitte ich Sie in Ihrer Eigenschaft als Staatspräsident von Ihrem Recht der Begnadigung Gebrauch zu machen gegenüber den vier Angeklagten Popo Molefe, Patrick Lekota, Moses Chikane und Thomas Manthata. Setzen Sie ein Zeichen, damit die Welt verstehen kann, daß Ihre Regierng wirklich einen Ausweg sucht aus der wachsenden Konfrontation, die das Leben der Südafrikaner bedroht, Schwarzer und Weißer gleichermaßen.

Die Republik Südafrika kann nicht fortfahren, die gewaltfreie legitime Opposition in Ihrem Land zu unterdrücken, ohne Gefahr zu laufen, daß die Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland und zur Europäischen Gemeinschaft dadurch empfindlich belastet werden.

Ich bitte Sie aufrichtig um das Leben und die Freiheit dieser Persönlichkeiten.

Hochachtungsvoll

Hans Koschnik, Alfred Emmerlich, H.Wieczorek-Zeul, Heinz Westphal, Katharina Focke, Barbara Simons und andere