Uni-Streik, wenn die Power da ist

■ StudentInnen beschlossen auf gut besuchter Uni-Vollversammlung Warnstreik bis Weihnachten Neuer Streik im neuen Jahr / Ab sofort Diskussion über Forderungen und Aktionsformen

Das Streikbüro in der Bremer Universität ist ab sofort in B 1300. In den meisten Studiengängen finden mit sofortiger Wirkung Fachbereichs-Vollversammlungen statt, das Restprogramm vorweihnachtlicher Lehrveranstaltungen entfällt entweder ersatzlos, wird „gesprengt“ oder zu einer phantasievoll, creativen, forderungsträchtigen, powergeladenen Aktionsformen-Diskussion umfunktioniert. Mit Riesenmehrheit beschloß gestern die seit Jahren best-und von rund 800 StundentInnen besuchte Universitätsvollversammlung, gegen schlechte Studienbedingungen, überfüllte Seminare, Bafög-Knappheit und Studentenbuden-bzw. WG-Not schon mal warn-und solidaritätszustreiken.

Den ganzen Vormittag war ein spontaner, ständig wachsender Mobilisierungs-Trupp durch Hörsäle und Vorlesungen gezogen, um Aufmerksamkeit und massenweises Erscheinen für die auf 14 Uhr angesetzte zentrale „Streik-VV“ zu garantieren. In der Mensa herrschte dann nur noch eine Frage. Nicht ob, sondern wann gestreikt wird, interessierte die angesichts ihrer grundsätzlichen Unzufriedenheit und aktuellen Aktionslust ausgesprochen gut gelaunten StudentInnen. Hauptproblem: Soll die Vollversammlung den Streik mit sofortiger Wirkung und dem Risiko ausrufen, daß er unter heimatlichen Tannenbäumen und Silvesterböllern zusammenbricht, oder mit guten Streikvorsätzen ins neue Jahr gehen?

„Wir sind noch nicht so weit“ und „wir haben in unserem Fachbereich überhaupt noch nicht über Streik diskutiert“, zeigten sich sich viele StudentenInnen von den spontanen Aktionen ihrer KommilitonInnen in den letzten Tagen ebenso angetan wie überrascht. Erst recht, nachdem ein frisch von den Berliner Studentenkämpfen Wegdelegierter „den streikwilligen Bremer StudentInnenen die herzlichsten Solidaritätsgrüße“ übermittelt hatte. Irgendwo zwischen Bewunderung und Unglauben angesiedeltes Raunen grummelte durch die Mensareihen, als die tollkühnen Forderungen der seit Wochen „die Freie Universität Berlin, die TU dortselbst, alle Institute, zwei Berufsschulen und Abendgymnasien bestreikenden Berliner aufgezählt wurden. Sogar der Universitätspräsident und der Wissenschaftssenator sollen dort zurücktreten: Oouh, Beifall, Mannomann.

In absehbarer Minderheit blieben gleichwohl jene Stimmen, die - die Mühen der Basisdemokratie hin, noch nicht einberufene Fachbereichsversammlungen her - das „Labern jetzt satt hatten“ und streiken wollten, „wenn meine Power da ist, also jetzt“.

Nach längerer Debatte gefundene und schließlich verabschiedete Kompromißformel: Das eine tun, ohne das andere zu lassen. Ab sofort sind der Uni-Bremen die Warnstreik-und Aktionstage ausgerufen. Um gleichzeitig zu zeigen, daß „das Streiksoll bis Weihnachten noch lange nicht erfüllt

ist“, soll nach den Weihnachts ferien der „offizielle Streik“ beginnen, die Aktionstage zu Arbeitsgruppen, Teil-Vollversammlungen und der Bildung von

vorbereitenden Streik-Komitees genutzt werden.

Erste Aktionen: Eine Weihnachtsfete in einem leerstehenden, stundenweise zu besetzen

den Haus noch unbestimmter Lage. Und die nächste Uni VV am morgigen Mittwoch um 16.30 Uhr in der Mensa.

K.S.