Unverminderter Studentenstreik

■ An den Unis wird bundesweit weiter gestreikt / Hamburger Studenten verteilen „Bildungs-Konkurs-Aktien“ Tübingen plant Menschenkette / Solidarität der Theologie-Professoren / In Berlin streiken auch die Schüler

Berlin (taz) - Verzweifelte Professoren, genervte Redakteure, verunsicherte Leser: Die Studenten geben keine Ruhe. Die bundesweite Protestwelle erreichte gestern auch Bremen. Eine „Mobilisierungstruppe“ zog gestern vormittag durch die Uni, um für eine Vollversammlung zu werben. Wenige Tage vor Weihnachten stimmten die Bremer Studenten gestern nachmittag über Streikmaßnahmen ab - das Ergebnis lag bei Redaktionsschluß noch nicht vor.

In Duisburg befinden sich nach Angaben des AStA mittlerweile über 2.500 Studierende im Streik. Gestern nachmittag diskutierten auch die Naturwissenschaftler über einen Boykott des Lehrbetriebs.

Mit den Fachbereichen Jura I und Medizin schlossen sich gestern die beiden letzten Fachbereiche der Hamburger Universität dem Streik an. Die Aktionen der als dröge verschrienen Hanseaten werden immer phantasievoller: Studenten der Wirtschaftswissenschaften verteilten an der Börse symbolisch „Bildungs-Konkurs-Aktien. Sportler veranstalteten auf dem Rathausmarkt einen „Bildungs -Hürdenlauf“.

An der Freiburger Uni wurden am Montag vereinzelt Lehrveranstaltungen abgehalten. Dabei handelte es sich zumeist um Klausuren, die in den letzten Semesterwochen geschrieben werden. Dennoch geht der aktive Uni-Streik weiter. Am Dienstag werden Studenten und Professoren auf einem gemeinsamen Plenum über die derzeitige Lage an der Hochschule der Schwarzwaldhauptstadt diskutieren.

In Tübingen sind seit Montag die Institute für Erziehungswissenschaften und für Philosophie besetzt. Die Soziologen und Historiker befinden sich im aktiven Streik. In den nächsten Tagen soll mit einer zwei Kilometer langen Menschenkette zwischen den Uni-Vierteln der Geistes- und Naturwissenschaften die Geschlossenheit demonstriert werden.

An der Heidelberger Uni haben sich bislang zwei Fachbereiche - Psychologen und Theologen - für einen Streik entschieden. Vier Theologieprofessoren haben sich dabei mit den Forderungen der Studenten solidarisiert. Mehrere andere Fachbereiche haben indes eine Aktionswoche beschlossen. In Heidelberg steht die Forderung nach Quotierung an erster Stelle der Protestresolution.

Seit gestern streiken in Berlin auch viele SchülerInnen. An zehn Schulen legten die Streikenden den Unterricht lahm. Damit soll auf die desolate Bildungssituation an den Berliner Schulen aufmerksam gemacht werden. Bei den Schulen handelt es sich in erster Linie um Gymnasien sowie Gesamtschulen. Auch mehrere Kollegs werden bestreikt.

Der Vizepräsident der Freien Universität Berlin, Hellmut Bütow, hat nach Informationen der taz im Anschluß an eine Kuratoriumssitzung der FU ein Rücktrittsgesuch an den Wissenschaftssenator Turner gerichtet. Bütow gilt als linksliberal. Zu seinem Rücktritt wollte Bütow gestern noch nichts erklären. Nach Angaben seines Büros arbeitete er gestern an einer schriftlichen Begründung.