Argentiniens Heereschef tritt zurück

■ General Dante Caridi galt jahrelang als loyal, weigerte sich vor zwei Wochen, eine Meuterei niederzuschlagen und stellte sich letzte Woche sogar nachträglich auf deren Seite / Corpsgeist in der Armee wirkt weiter

Buenos Aires (afp/wps/taz) - Der Generalstabschef des argentinischen Heeres, General Dante Caridi, ist am Dienstag zurückgetreten.

Ein ranghoher Sprecher der Militärs teilte noch am selben Abend mit, Präsident Alfonsin werde den derzeitigen Direktor des Militärinstituts, General Francisco Gassino, zum neuen Heereschef ernennen. Er gilt als loyaler Offizier. Doch das hieß es jahrelang auch von Caridi.

Als vor zweieinhalb Wochen unter Führung des rechtsextremen Oberst Mohamed Ali Seineldin etwa 300 Soldaten meuterten, hatte Präsident Alfonsin in seiner Funktion als Oberkommandierender aller Streitkräfte dem Heereschef befohlen, die Militärrebellion niederzuschlagen. Doch mangels loyaler Truppen und angesichts der breiten Resonanz, die die Meuterer im Heer fanden, hatte es Caridi schließlich vorgezogen, mit Seineldin zu verhandeln. Alfonsin und Caridi haben allerdings derartige Verhandlungen bestritten.

Nachdem aber die Forderungen der Meuterer, die damals überraschend schnell und kampflos aufgegeben hatten, eine nach der andern erfüllt wurden, zweifelte niemand mehr ernsthaft an einem solchen Deal. Unter anderem wurde der Sold erhöht, und die Aufstockung des Verteidigungshaushaltes ist bereits in Beratung. Die Meuterer hatten zudem die „Wiederherstellung der Würde der Armee“ verlangt.

Zwei Wochen danach würdigte der Verteidigungsminister in Gegenwart von Präsident Alfonsin erstmals den „schmutzigen Krieg“ der Militärdiktatur, in dem zwischen 10.000 und 30.000 Oppositionelle „verschwanden“, als „notwendige“ Maßnahmen im Kampf gegen die Subversion - auch wenn sie sich außerhalb des legalen Rahmens abgespielt hätten. Die Meuterer hatten überdies den Rücktritt Caridis vor dem 23.Dezember gefordert. Nun ist er gegangen. Sein Coming-out hatte der immer als loyal gehandelte Dante Caridi am vergangenen Freitag.

Auf einer Pressekonferenz verteidigte er die Meuterei und ihren Anführer, Oberst Seineldin, geradezu emphatisch: „Beide Sektoren (die meuternden und die andern Heeresteile, Anm.d.Red.) sind sich einig, daß es überhaupt keine Absicht gab, den demokratischen Staat zu kompromittieren, ganz im Gegenteil. Wir beide - Seineldin und ich - sind der Ansicht, daß er vor jedem Angriff verteidigt werden muß.“ Und der General wurde noch deutlicher: „Was sich in der Armee ereignet hat, sind Auswirkungen von Ursachen, die sich außerhalb der Streitkräfte befinden, und solange sie nicht behoben werden, solange die Bitten der Streitkräfte kein Gehör finden, werden sich solche Vorfälle wiederholen.“

Nach den Ursachen befragt, präzisierte Caridi: „Die Angriffe, denen die Streitkräfte ausgesetzt sind, ebenso die Folgen des Krieges gegen die Subversion.“ Mit den „Angriffen“ meinte er die öffentliche Kritik der Verbrechen der Militärdiktatur, und als „Folgen des Krieges“ gilt ihm, daß die obersten Verbrecher des Militärregimes hohe, teilweise lebenslänglichen Gefängnisstrafen abbüßen. Bisher weigert Alfonsin sich, der Forderung nach ihrer Freilassung nachzukommen. Wie lange noch?

thos