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Bremer Bauernhaus tanzbesetzt

■ StudentInnen feierten vorweihnachtliche Streikfete in der Schaumburger Straße / Polizeiliches Gäste-Kommando mußte um 22.30 Uhr nach Hause / StudentInnen durften länger aufbleiben

Mit einer symbolisch-fröhlichen Hausbesetzung feierten in der Nacht zum Donnerstag Bremer StudentInnen das vorweihnachtlich-vorläufige Ende ihrer Streikaktionen. Zu den (unerwarteten) Gästen der tanzenden Studenten gehörten zeitweilig auch die Besatzungen mehrerer Streifen- und zweier Mannschaftswagen der Polizei. Allerdings mußten die beamteten Herren draußen bleiben. Ohne Studentenausweis und den vorgeschriebenen Getränke-Obulus scheiterten sie bereits an den im übrigen sehr locker gehandhabten Gesichtskontrollen. (Offensichtlich waren die Herren im fetenuntauglichen Grün darüber so frustriert, daß sie späten Feten-Gästen ihrerseits die Ausweispapiere abverlangten, einen nächtlichen Passanten sogar auf höchst unhöflich -handgreifliche Weise in einen der mitgebrachten Busse zerrten, ehe sie gegen 22.30 Uhr unfroh und unfeierlich von dannen zogen.)

Während zwei, drei Dutzend Polizisten im Kalten standen, tanzten ca. 200 StudentInnen zu heißer Musik auf der Diele eines leerstehenden Bauernhauses in den Hinterhöfen der Schaumburger Straße. Bis kurz vor Fetenbeginn war der nächtliche Treffpunkt geheim gehalten worden.

Auf einer Uni-Vollversammlung war lediglich der Treffpunkt „Weserstadion“ für eine Aktion zur „Schärfung des studentischen Unrechtsbewußtseins“ angekündigt worden: Bei Bier und süßem Sekt sollten Einblicke in die Gesetze des freien Wohnungsmarktes gewonnen und die Einsicht ge

fördert werden, daß StudentInnen in Bremen zu Recht kaum Wohnungen finden, obwohl gleichzeitig Häuser leerstehen und verfallen.

Einen unmittelbaren Lernerfolg erzielten die ersten Fetengäste bereits kurz nach acht Uhr bei den Anwohnern der Schaumbur

ger Straße: Sie alarmierten - zur Lernkontrolle -die Polizei.

Als die ersten Streifenwagen eintrafen, drängelten sich schon 60 bis 70 Gäste zwischen alten Küchenspülen, Kabelresten, Bodendielen, Wasserfässern in Stoppel-Sound und Schummerlicht einer eilig improvisierten

und höchst anfälligen Stromversorgung.

„Ihr wollt doch auch keine Eskalation“, demonstrierten die Streifenbeamten joviale Lustlosigkeit, den StudentInnen die Fetenlaune zu vermiesen und sich selbst auf überflüssige Räumungsaktionen einzulassen. Sie standen einfach pflichtbewußt rum. Mancher hörte sich mit Verständnis signalisierendem Kopfnicken die studentischen Sorgen an: Hohe Mieten für kleine Buden, volle Hörsäle, geringes BAföG. Erst als gegen 21.15 Uhr zwei Mannschaftswagen eintrafen, zogen sich die Streifenbeamten befehlsgemäß hinter die Bauernhaus-Tore zurück und zeigten „Präsenz des Rechtsstaats gegen Ein- und Hausfriedensbrecher“. Schließlich rückte der gesamte Trupp ab mit der vagen Ankündigung, die Fete zwei Stunden später mit einer Räumungsaktion beenden zu wollen. Bis etwa 0.30 Uhr warteten die StudentInnen auf die versprochene Rückkehr. Vergebens. Dann wurden Musikanlagen und Lampen abgebaut, die Fete beendet, die Gäste verabschiedet. Gestern zeugten nur noch zwei fehlende Fensterscheiben und ein paar Wandmalereien am blätternden Bauernhausputz von der Feier.

K.S.

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