„Diplomatie der Flugzeugträger“

■ Internationale Pressestimmen zum Abschuß zweier libyscher Flugzeuge durch die Vereinigten Staaten

Großbritannien, 'Financial Times‘:

„So wie das Gesetz ist, hat Libyen das gleiche Recht wie die Vereinigten Staaten, C-Waffen als Mittel der Abschreckung herzustellen und zu lagern, und nimmt es in Anspruch. Insofern gibt es keine begreifliche rechtliche Grundlage für militärische Handlungen der USA gegen Libyen.

Im Gegensatz dazu ist Irak von den Vereinigten Staaten öffentlich angeklagt worden, C-Waffen einzusetzen... Dennoch haben die USA nicht einmal angedeutet, daß sie militärisch gegen Irak vorgehen könnten... Es ist schwer, nicht zu dem Schluß zu kommen, daß die USA Oberst Gaddafi als einfaches Ziel betrachten, das mit militärischen Drohungen und Handlungen leicht eingeschüchtert werden kann, während andere, gefährlichere Verbrecher mit Glacehandschuhen angefaßt werden müssen.“

Frankreich, 'L'Yonne Republicaine‘:

„Es ist wahrscheinlich, daß ihre militärische Drohgebärde vor allem darauf abzielt, Oberst Gaddafi einzuschüchtern und daran zu hindern, daß er zu weit geht. Nichtsdestoweniger werden die ständigen Täuschungsmanöver zwischen den beiden Ländern gefährlich, und zwar auch für die Anrainerstaaten des Mittelmeeres.“

Italien, 'Corriere della Sera‘:

„Die Diplomatie der Flugzeugträger, wie es die Sowjets zur passenden Zeit definiert hatten, hat ihre unvermeidlichen Früchte gebracht: In der Absicht, Gaddafi im Zielfernrohr zu behalten, haben die Amerikaner am Ende auf den Abzughahn gedrückt. Und der Abschuß von zwei libyschen MiGs hat die Befürchtungen über eine militärische Aktion gegen die Chemiefabrik von Rabta verstärkt und den besorgniserregenden Spannungsherd eine Schußbreite vor unseren Küsten wieder angefacht.“

Israel, 'Haaretz‘:

„Die USA bereiten den Boden für eine militärische Operation gegen die Anlagen zur Herstellung chemischer Waffen in Libyen vor. Die Maßnahme ist auch ein Wink an die Europäer, die sich weigern, die Position Washingtons zu unterstützen, und zum Teil auch Libyen bei dem Bau der Fabriken geholfen haben.

Die Araber wollen die Weltöffentlichkeit ablenken und bei der internationalen Konferenz in Paris behaupten, daß die chemischen Waffen eine 'Antwort auf die Atomwaffen Israels‘ seien. Daher habe es keinen Zweck, nur über die chemischen Waffen der Araber als unabhängiges Kapitel zu debattieren. Die Araber wollen vom Einsatz chemischer Waffen durch Libyen und Irak gegen andere Moslems und Afrikaner ablenken.“

USA, 'New York Times‘:

„Ob Teil eines größeren strategischen Plans oder nicht der Abschuß zweier libyscher Kampfflugzeuge über dem Mittelmeer gestern bringt sie bei diesem hohen Vorhaben wahrscheinlich voran. Es gibt hierbei zwei Ziele. Eines ist global. Die Regierung wird nächste Woche auf einer internationalen Konferenz in Paris versuchen, das Genfer Protokoll von 1925 schließlich doch noch mit Zähnen zu versehen, das die Erstanwendung - nicht aber den Besitz von chemischen Waffen verbietet. Beim zweiten Ziel geht es um Libyen. Mit einer Mischung von Diplomatie und Gewalt verstärken die USA den Druck, um Libyen und seine Zulieferer davon abzuhalten, ein neuerbautes Chemiewerk in Betrieb zu nehmen. Es ist einige Risiken wert, diese beiden Ziele zu erreichen...