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Werbung mit Programm

■ Änderung des Vorabendprogramms beim ZDF

„ZDF - Ihr Programm“: so biedert sich der Mainzer Sender Tag für Tag bei den Zuschauer an. Als neuesten Beweis der Bürgernähe präsentiert man nun ein auf spezielle Zuschauergruppen zugeschnittenes Vorabendprogramm. Familientag ist, wenn freitags Alf kommt, und das Forsthaus lädt an einem anderen Tag die Älteren vor den Bildschirm. Jüngere werden an Krimi-Tagen angelockt, mit SOKO auf Verbrecherjagd oder in der Wüste auf Abenteuersuche zu gehen.

In Wirklichkeit geht es bei dieser Programmneuerung aber mal wieder um den schnöden Mammon - die Werbeeinnahmen. Immerhin werden von den 1,5 Milliarden Mark Gesamteinnahmen des ZDF 1989 knapp 650 Millionen durch Werbung eingebracht. Die Werbeindustrie ist aber unzufrieden mit den Einschaltquoten, sie sanken beim ZDF im ersten Quartal 1988 auf knapp fünf Millionen Zuschauer, eine Million weniger als im ersten Quartal des Vorjahres. Die kommerziellen Programme bieten den Werbetreibenden reizvollere Möglichkeiten, so können sie den ganzen Tag Spots senden. Zusätzlich haben Untersuchungen ergeben, daß die Zuschauer von den Werbeblöcken genervt sind, wegsehen oder umschalten. Die Industrie will weniger Spots in einem Block, und sie fordert geeignete Rahmenprogramme, um spezielle Zuschauer-Gruppen zu erreichen. Streuverluste der Werbung sollen verhindert werden.

Nun ist der Sender am Mainzer Lerchenberg schon immer werbefreundlich gewesen. Werbung ist für den Intendanten Dieter Stolte „integraler Bestandteil des Programmauftrags“. So ist es nur logisch, daß das ZDF den Wünschen der werbetreibenden Industrie gerne entspricht. Bereits im Sommer 1985 testete man zielgruppenorientierte Programmschwerpunkte. Im Januar 1988 wurde dann das Vorprogramm derart geändert, daß durch die Teilung einer Serie ein Werbeblock dazwischengeschoben und damit die Zahl der Spots in einem Werbeblock gesenkt werden konnte.

Um die Erhöhung der Einschaltpreise für Werbung im ZDF zum 1.Januar 1989 durchsetzen zu können - immerhin kostet ein 20 -Sekunden-Spot über 50.000 Mark -, wurde nun das Programm noch werbefreundlicher gestaltet. So wird vor 20 Uhr ein weiterer Werbeblock eingeführt, und das ZDF gibt zusätzlich 37 Millionen Mark für die Vorabendserien aus. Dies ist ein ziemlicher Batzen Geld, werden doch für das gesamte Programm 70 Millionen mehr investiert. Hauptnutznießer ist dabei der Filmkaufmann Leo Kirch, selber am Kommerzsender Sat 1 beteiligt. Die neugekauften 26 Alf-Folgen kosten 2,3 Millionen Mark, und dies ist nur ein Geschäft, das Kirch mit dem ZDF gemacht hat. Auf der Strecke bleiben dabei kleinere Produzenten, aber auch ganze Programmbereiche. So müssen die Bereiche Fernsehspiel und Kultur jeweils über fünf Millionen sparen. Vor zwei Jahren hatte die Kulturredaktion noch einen Etat von 20 Millionen, jetzt ist er auf elf Millionen Mark geschrumpft. Als Ergebnis können in diesem Jahr zehn Kulturdokumentationen nicht mehr produziert werden. Um das gewünschte werbefreundliche Programmumfeld zu erreichen, überlegen die ZDF-Chefs, informierende und kulturelle Sendungen von 45 auf 30 Minuten zu kürzen - Fast-Food -Programme, die kaum tiefer informieren können, sind die Folge. In diesem Sommer wird die neue Programmphilosophie getestet.

Unzureichende Gebührenerhöhung, explodierende Programmkosten, Werbepreiserhöhungen und verstärkte Investition in Vorabendprogramme - dies ist der Teufelskreis der Programmverflachung. Nun läuft diese Entwicklung nicht allein beim ZDF, auch die ARD-Anstalten haben ihre Vorabendprogramme für die Werbung geändert. Seit Januar letzten Jahres wurde der Beginn des Vorabendprogramms vorverlegt und einheitlicher strukturiert. Auch hier werden die einzelnen Tage nach Schwerpunkten ausgerichtet und die Anfangszeiten koordiniert. Die Serienfolgen werden geteilt, um Werbung einfügen zu können. Regionale Informationssendungen wurden bei WDR, Hessischem Rundfunk und in Bayern in die dritten Programme verdrängt.

Unterhaltungschefs und Werbeinteressen entscheiden über die Programmstrukturen und Einsparungen. Parteibuch-Intendanten und leitende Angestellte betreiben so CDU-Medienpolitik. Wer als Zuschauer im Programm Qualität und Vielfalt sucht, muß sich mittlerweile einen Kabelanschluß zulegen, um dort die anspruchsvolleren und vielfältigeren öffentlich-rechtlichen Sender 1 Plus und 3 Sat empfangen zu können. Die innere Kommerzialisierung und damit die Zerstörung öffentlich -rechtlicher Programmvielfalt scheint kaum noch aufhaltbar.

res.

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