Zweieinhalb Jahre für NS-Aktenklau

Haft aus Gesundheitsgründen ausgesetzt / Verfahren um gestohlene Unterlagen aus dem Berlin Document Center vorm Berliner Landgericht endet ohne Sensation / Bis zu 70.000 Mark Geldbuße für Mitangeklagte  ■  Aus Berlin Klaus Hartung

Das Urteil der 17.Großen Strafkammer am Landgericht war keine Sensation: Der Hauptangeklagte Darko wurde im Prozeß über den Diebstahl von über 10.000 NS-Akten aus dem Berlin Document Center (BDC) zu zwei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte gegen Darko, ehemaliger Verantwortlicher für die Fotodokumentation im BDC, drei Jahre gefordert. Seine Haft wurde aus Gesundheitsgründen ausgesetzt.

Die beiden Militariahändler Borrmann und Hüsken und der Trödler Berger (ein „eher schlichter Berliner Trödler“, so Richter Basdorf) bekamen Bewährungsstrafen. Allerdings wurden die beiden Militariahändler zu empfindlichen Geldbußen (70.000 und 50.000 Mark) verurteilt.

Fast hätte der Prozeß noch einmal eine spannende Wendung genommen und das BDC selbst auf die Anklagebank gerückt: Die Verteidiger von Darko, die Rechtsanwälte Ziegler und Lang, wollten durch Hilfsbeweisanträge nachweisen, daß das bestohlene BDC durch mangelnde Sicherheit geradezu den Diebstahl provozierte. Das Gericht war bereit, dem stattzugeben. Aber gestern zogen die Verteidiger die Anträge zurück - wegen der gesundheitlichen Situation des Hauptangeklagten und der Gewißheit, daß die „Mauern des Schweigens“ zu hoch seien. „Die Verteidigung verabschiedet sich mit dem Gefühl eines Mißerfolges“, sagte Ziegler. „Darko war und ist der gefundene Sündenbock.“ Der Prozeß sei gescheitert, weil es „keine fairen Ermittlungen“ gegeben hätte. Darko hatte seine Vorgesetzten, Direktor Simons und seine Stellvertreterin Krause, als Anstifter der Aktendiebstähle belastet. Gegen beide habe man aber gewissermaßen nur symbolisch ermittelt. Der Verdacht „politischer Rücksichtnahmen“ sei gerechtfertigt.

Wie unzufrieden das Gericht mit dem Ergebnis der Hauptverhandlung gewesen ist, bestätigte die Urteilsbegründung. Richter Basdorf betonte mehrfach, wie „rätselhaft“ das Schweigen von Darko in der Hauptverhandlung gewesen sei. Dieser hatte da darauf verzichtet, noch einmal seine Vorgesetzten als Mittäter und Anstifter namentlich zu belasten - im Gegensatz zum Ermittlungsverfahren. An die Alleintäterschaft von Darko mochte das Gericht nicht glauben, sondern stellte bedauernd fest, daß mit ihm die Ermittlungskette abgerissen sei.

Deutlich und hart verurteilte Basdorf den Handel mit den NS -Dokumenten. Es sei eine „schlimme Erscheinungsform der kommerziellen Verwertung“. Er sah sich dabei auch genötigt, die Verteidigerin des Händlers Hüsken zu kritisieren. Es sei eine „Verharmlosung“ der deutschen Vergangenheit, wenn man den Handel mit NS-Dokumenten damit relativieren wolle, daß mit ganz anderen Perversitäten gehandelt würde. Rechtsanwältin Klein hatte erklärt, schließlich seien ja auch „Judensterne und Lampenschirme aus Menschenhaut und andere Kuriositäten“ im Angebot.