Bestätigt: Jürg Weis wurde ermordet

■ Im vergangenen August wurde der Schweizer Theologe in El Salvador tot aufgefunden / Die Armee sprach vom Tod im Gefecht; eine internationale Delegation wies jedoch nach, daß Weis von der Nationalpolizei festgenommen und ermordet wurde

Berlin (taz) - Der Schweizer Theologe Jürg Weis, der am 23.August etwa 50 Kilometer östlich von San Salvador tot aufgefunden wurde, ist von Einheiten der Nationalpolizei festgenommen und anschließend ermordet worden. Zu diesem Ergebnis kommt eine internationale Untersuchungsdelegation, die einen Monat nach dem Tod eine Woche lang vor Ort recherchierte und gestern ihren Bericht in Bern und München der Presse vorstellte.

Der Bericht untermauert die Ergebnisse einer Recherche des taz-Korrespondenten Ralf Leonhard (taz vom 10.9.88). Vor allem aus dem von den Angehörigen des Ermordeten in Auftrag gegebenen Autopsiebericht des Gerichtsmedizinischen Instituts der Universität Basel geht hervor, daß die Täter Jürg Weis eine Stichverletzung in der Herzgegend und schwere Schläge mit einem stumpfen Gegenstand im oberen Brustkorbbereich zugefügt hatten, als er noch am Leben war. Dies widerspricht der offiziellen Darstellung der salvadorianischen Armee, nach der der „subversive Ausländer“ Jürg Weis bei einem Gefecht mit Guerilleros erschossen wurde. Der Basler Gerichtsmediziner zählte neun Schußverletzungen, die alle „zu Lebzeiten entstanden sind“. Die Schüsse seien aus einer Entfernung von 20 Zentimetern bis einigen Metern abgefeuert worden. Daß große Teile des Schädels bei der Präsentation der Leiche nicht mehr vorhanden waren, hatte der im August von der Armee herbeigerufene salvadorianische Gerichtsarzt auf Raubtiere und streunende Hunde zurückgeführt. Sein Basler Kollege spricht von „stumpfer Gewalteinwirkung, die zur Zertrümmerung des Schädels“ geführt habe. Das Gehirn und die Hirnhaut seien nicht von Tieren gefressen, sondern von Menschenhand entfernt worden. Die Delegation, der vier Schweizer, vier Bundesdeutsche (unter ihnen der SPD -Europaparlamentarier Jannis Sakellariou und Gaby Gottwald, ehemalige grüne MdB) sowie ein Franzose angehörten, weist nach, daß auf höchster Ebene in Armee, Polizei und Regierung eine bewußt falsche Version über den Tod des Schweizer Theologen verbreitet wurde. Der Mord wurde vertuscht, seine Aufklärung behindert.

Deutscher Botschafter

zurück in Bonn

Meldungen und Gerüchte, wonach der deutsche Botschafter in El Salvador, Guido Hymer, abgezogen worden sei, dementierte gestern Jürgen Pfeifer, ein Sprecher des Auswärtigen Amtes, gegenüber der taz. Hymer halte sich bloß urlaubshalber in der Bundesrepublik auf. Das salvadorianische Fernsehen hatte anläßlich des Abfluges von Hymen berichtet, dieser sei aus Sicherheitsgründen abgezogen worden. In einer Pressemitteilung sprach gestern die „Jürg-Weis-Delegation“, die sich zwischen Weihnachten und Neujahr in El Salvador aufhielt, davon, Hymer habe wahrscheinlich Morddrohungen erhalten, weil er sich nach dem Bombenanschlag auf die Lutherische Kirche in San Salvador vom 28. Dezember mit deren Bischof solidarisiert und die Delegation „aktiv unterstützt“ habe. Die „Jürg-Weis-Delegation“ hatte einen Hilfskonvoi für salvadorianische Rückkehrer organisiert.

thos