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Juristen klagen Knastleitungen an

In der BRD mißachten Leiter der Strafvollzugsbehörden Gerichtsentscheidungen zugunsten von Gefangenen  ■  Aus Hamburg Ute Scheub

„Der Antrag des Verurteilten ist und bleibt unzulässig“, schmetterte die Justizvollzugsanstalt Kassel das Begehren eines Insassen ab, eine gegen ihn gerichtete Strafvollzugsmaßnahme gerichtlich überprüfen zu lassen. „Und wenn er ihn an die Strafvollstreckungskammer, den Bundeskanzler oder Stevie Wonder gerichtet hätte, hätte letztlich die Zahlstelle in Person des AmtsinspektorsK. und nicht das oben genannte Gericht entschieden.“

Solche und ähnliche zynisch anmutende Geschichten wurden gestern zuhauf von Juristen aus der ganzen Bundesrepublik auf einer Pressekonferenz in Hamburg vorgestellt. Eingeladen hatte eine freie Journalistin. Nicht viele von den insgesamt rund 40.000 Gefangenen in bundesdeutschen Anstalten würden sich überhaupt trauen, so hieß es dort, Strafvollzugsmaßnahmen gerichtlich anzufechten. Von diesen bekämen überhaupt etwa nur drei Prozent recht. Für jene drei Prozent aber seien die Gerichtsbescheide oft ohne Wert, weil die Anstaltsleitungen sich weigerten, die Beschlüsse umzusetzen. „Hier klafft eine Lücke im Strafvollzugsgesetz“, klagte Rechtsanwalt Ralf Hoffmann aus Kassel. Abhilfe sei hier nur zu schaffen, wie auch in einem Gesetzentwurf der Grünen im Bundestag vorgeschlagen, wenn diesen „renitenten Strafvollzugsbehörden“ im Rahmen der Verwaltungsgerichtsordnung ein Zwangsgeld angedroht werden könne.

Anwalt Hoffmann hatte im Namen eines Gefangenen vor wenigen Tagen Strafanzeige gegen den Direktor der Vollzugsanstalt Schwalmstadt und den hessischen Justizminister wegen unterlassener Hilfeleistung und Körperverletzung gestellt sowie das Land Hessen auf ein Schmerzensgeld von 100.000Mark verklagt. Anstaltsleiter Guido Neu und Justizminister Karl -Heinz Koch weigern sich nach der Darstellung des Anwalts nämlich, eine bereits vor zwei Jahren ergangene Gerichtsentscheidung umzusetzen und seinen dringend behandlungsbedürftigen Mandanten in ein psychiatrisches Krankenhaus außerhalb der Haftanstalt zu verlegen. Weitere auf der Pressekonferenz referierte Fälle bezogen sich auf die vielen kleinen Schikanen im Knastalltag. So sei der Antrag eines ebenfalls in Schwalmstadt einsitzenden Gefangenen von März1988, ein dringendes Telefonat führen zu dürfen, monatelang nicht beschieden worden. Ein halbes Jahr später erst habe ein Gericht die Anstalt verdonnert, zu entscheiden. Und jahrelang mußte ein Gefangener in Butzbach auf seinen Hafturlaub warten, obwohl die ablehnenden Bescheide der Anstaltsleitung insgesamt dreimal vom Landgericht und zweimal vom Oberlandesgericht aufgehoben worden waren.

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