Bundeseigene SalzgitterAG im Libyen-Deal

■ Stoltenberg versprach dem Unternehmen „äußerste Zurückhaltung“ bei der Bewertung / 7 Millionen verdient

Berlin (ap/taz) - Eine erste plausible Erklärung für die regierungsamtliche Vertuschung der Libyen-Affäre liegt nun vor: Nach Informationen des 'Stern‘ hat das bundeseigene Unternehmen Salzgitter Industriebau GmbH (SIG) sieben Millionen Mark von der Firma Imhausen-Chemie für Planungsunterlagen zum Bau der libyschen Chemie-Fabrik „Pharma 150“ kassiert.

Der Konzern bestätigte gestern das Geschäft mit Imhausen, will allerdings „nie den geringsten Hinweis“ auf Libyen erhalten haben. Es habe sich um eine „Inlandsabwicklung für einen deutschen Auftraggeber“ gehandelt - frei nach dem Motto: Imhausens Standort Lahr liegt im Schwarzwald und damit im Inland.

Detaillierte Berichte über die Verstrickung der SIG, einer Firmentochter der Salzgitter AG, liegen Bundesfinanzminister Gerhard Stoltenberg seit Ende letzter Woche vor, weiß der „stern“ zu berichten. Stoltenberg ist für das Geschäftsgebaren des Konzerns ebenso verantwortlich wie für die Müdigkeit des in der Libyen-Affäre ermittelnden Zollkriminalinstitutes Köln. Zu den Mitgliedern des Salzgitter-Aufsichtsrates gehört Stoltenbergs rechte Hand Staatssekretär Dr. Hans Tiedmayer. Am 25. Januar wird sich die Bonner Parlamentarische Kontrollkommission zur Überwachung der Geheimdienste mit der Affäre beschäftigen.

Dann dürfte auch der für die Geheimdienste zuständige Staatssekretär Waldemar Schreckenberger (auch als „Schrecki“ bekannt) zu verantworten haben. Irgendwo in dem Bermuda -Dreieck zwischen seinem Schreibtisch und dem Finanzministerium müssen nämlich die uralten Mahnungen und Memoranden des BND über Imhausen und Co. versackt sein.

Den verschiedenen Medienberichten und Firmen-Statements zufolge baute Imhausen in Honkong ein kleines Chemiewerk. Ausschließlicher Zweck: Tarnung für das Libyen-Projekt gleichen Namens, „Pharma 150“. Diverse Lieferungen wurden für Honkong deklariert und landeten in Rabta, wo angeblich chemische Kampfstoffe produziert werden sollen. Als Spediteur fungierte der in Antwerpen inhaftierte Belgier Jozef Gedopt. Die Salzgitter AG will entgegen der Darstellung des „stern“ keine Planungsunterlagen für die Chemiefabrik geliefert haben. Statt Fortsetzung Seite 2

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dessen beschrieb der Konzern seinen Part gestern sibyllinisch als „Teil-Engineering-Arbeiten für die Gebiete Rohrleitungsbau und Elektrotechnik für eine Anlage zum Bau von pharmazeutischen Vor- und Zwischenprodukten“.

Was sich dahinter verbirgt, scheint Oberinspektor Stoltenberg nicht sonderlich zu interessieren. Er versprach dem Konzern gestern öffentlich, „äußerste Zurückhaltung bei

der Bewertung“ der Informationen und fügte mit dem ihm eigenen Witz hinzu, der Bund als Salzgitter-Eigentümer werde noch in „eine vertiefte Diskussion mit der Salzgitter AG eintreten“. Bemerkenswert erschien Stoltenberg ein neues Datum: So habe das Zollkriminalinstitut in Köln bereits Anfang August vom BND Hinweise „über eine mögliche Beteiligung deutscher Firmen an dem Aufbau einer Kampfstoffanlage“ in Libyen erhalten. Regierungssprecher Ost hatte sich am Wochenende bis zum September als Datum für die erste Information gerobbt. Setzt die Bundesregierung die Serie ihre Teilgeständnisse fort, dann wird sie noch vor Frühlingsan

fang die Meldung des „Spiegel“ bestätigen, wonach Bonn bereits seit 1986 Berichte des BND lagert.

Dann vermutlich wird die gestern von Stoltenberg breitgetretene Version mal wieder vorgetragen werden, wonach es sich nur um „vage Hinweise“ gehandelt habe, die „aus rechtsstaatlichen Gründen die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungen nicht gerechtfertigt“ hätten. Kurz und bündig schob der Minister den schwarzen Peter dem BND zu. Der habe im August ausdrücklich das Zollkriminalinstitut gebeten, von einer Außenwirtschaftsprüfung abzusehen, um weitere Recherchen nicht zu gefährden.

Petra Bornhöft