Polizeipräsident betont „Chorgeist“

■ Der scheidende Polizeipräsident räumt Fehler in der Personalpolitik im Polizeihaus ein, der zukünftige ist „betroffen“ vom Umgang leitender Polizei-Beamter miteinander

Polizeibeamte hätten eine natürliche Scheu, gegen Kollegen auszusagen, erklärte gestern der in Pension gehende Polizeipräsident Ernst Diekmann vor dem Untersuchungsausschuß Geisel-Drama. Die Polizei lebe „als Institution von der inneren Überzeugung, eine richtige Sache richtig zu machen“ und von der Sicherheit, sich auf Kollegen verlassen zu können. Es herrsche ein „Chorgeist“ und eine „Scheu, Kollegen zu belasten“. Dennoch erwartete Diekmann in dem zur Debatte stehenden Fall eine Selbstkritik des polizeilichen Führungspersonals. Der in den Tagen zuvor formulierten sehr scharfen Kritik am „Polizeiführer“ Möller wollte Diekmann nicht widersprechen, ausdrücklich lobte er den schärfsten der Kritiker, den Polizei-Oberrat Schmöe, als analytisch denkenden Mann. (vgl. dazu taz 18.1.) Diekmann selber hatte den Polizei-Oberrat in die Arbeitsgruppe gesetzt, die intern die Mängel der Einsatz-Leitung untersuchen sollte. Diekmann formulierte seine Kritik am Einsatz allgemeiner, aber nicht weniger deutlich:

Nicht falsche Entscheidungen habe es gegeben, sondern einen Mangel an richtigen.

Diekmann räumte auch ein, daß aus früheren Übungen, bei denen die Führungs-Fehler deutlich geworden seien, „nicht genügend“ Konsequenzen gezogen worden seien; allerdings sei das „reine Theorie“, der praktische Fall sei immer die beste Übung, aus dem man jetzt Konsequenzen ziehen müsse. Der „eklatante Mißerfolg“ mit den drei Toten sei dabei nicht von der Polizei, sondern von „zwei Schwerkriminellen und einer kriminellen Frau“ verursacht worden.

Diekmann räumte auch ein, daß er die Führungspositionen im Polizeihaus anders besetzt hätte, wenn durch die Laufbahnordnung für Beamte da nicht Vorgaben gegeben seien. Daß Diekmann von der Qualifikation Möllers für die Aufgabe eines Polizeiführers nicht überzeugt ist, war dabei überdeutlich.

Der als neuer Polizeipräsident und Nachfolger Diekmanns vorgesehene Mitarbeiter des Innenressorts, Rolf Lüken, erklärte, er sei „betroffen darüber, wie lei

tende Polizeibeamte hier miteinander umgegangen sind“. Er bezog dies auf die Form der Aussagen. Das im Ausschuß mehrfach erörterte „Bremer Modell“ der Polizei -Einsatzführung wertete Lüken völlig anders: Hier sei der bundesweit beachtete Vorschlag gemacht worden, den Führungsstab um „Verbindungsbeamte“ des Polizeiführers zu ergänzen. Möller hatte durch solche „Verbindungsbeamte“ allerdings den Führungsstab teilweise umgangen; so war zum Beispiel der Posten des Führungsstabes, der verantwortlich ist für die Mitführung eines Notarztwagens, schlicht nicht besetzt gewesen. Auch Diekmann hatte erklärt, die vollständige Besetzung des Führungsstabes sei „Ermessenssache“, sie sei nur im Ausnahmefall nötig. Allerdings habe mit den Geiselnehmern ein solcher Fall vorgelegen. Für Diekmann bestand der große Fehler der Polizeiführung in diesem Falle darin, daß nicht schon in den Stunden, in denen die Bankräuber auf dem Wag nach Bremen waren, ein Einsatzkonzept festgelegt worden ist.

ja/kw