Töpfer will Tropenwald ersäufen

Bundestagsdebatte zum Thema Schutz der Regenwälder / Zweiter Energiesektorkredit der Weltbank zum Bau von Stauseen in Brasilien so gut wie sicher / Brasilien will „ökologisch frisierten“ Antrag stellen / Opposition gegen Tropenholzverwendung im Bundestag  ■  Von Ulli Kulke

Der Bundesumweltminister ist dafür, daß große Flächen im brasilianischen Tropenwald vernichtet werden, um rund 145 großflächige Stauseen zur Stromerzeugung zu errichten. Entsprechend äußerte sich Minister Klaus Töpfer in der gestrigen Bundestagsdebatte zum Thema: Wie kann der Raubbau an den Tropenwäldern gestoppt werden. Damit ist sehr wahrscheinlich die zweite Tranche eines „Energiesektorkredites“ für das südamerikanische Land gesichert, hält doch Bonn dank seiner Finanzkraft 7,14 Prozent der entscheidenden Weltbank-Stimmrechte.

Der Weltbankkredit stößt sowohl in der Washingtoner Regierung auf Druck der US-Umweltorganisationen wie auch in der Weltbankverwaltung selbst auf harte Kritik. Mit den Staudammprojekten ist die Abholzung riesiger Tropenwald -Areale und die Vertreibung ortsansässiger Menschen verbunden. Brasilien weigert sich in dieser Hinsicht bislang auch nur geringen Auflagen nachzukommen.

Aufgrund der Kritik war zwischenzeitlich fraglich, ob Brasilien überhaupt den entsprechenden Antrag auf Auszahlung der zweiten Tranche stellen wird. Inzwischen zeichnet sich allerdings ab, daß Brasilien bis Ende Februar einen ökologisch „frisierten“ Antrag stellen will. Die erste Tranche wurde gegen die Stimmen der USA und mit denen der Bundesrepublik genehmigt.

Töpfer begründete sein Festhalten an der Kreditauszahlung damit, daß Brasilien sonst kaum über Rohstoffe zur Energieerzeugung verfüge, und auch die angestrebte verstärkte Nutzung der Kernenergie im Ausland auf Kritik stoße. Die Weltbank begründete allerdings gerade ihre bislang ablehnende Haltung damit, daß der letztendliche Kreditempfänger, Brasiliens Elektrokonzern „Electrobras“, mit dem Atomunternehmen „Nuclebras“ verflochten ist, und man keine indirekte Finanzierung des brasilianischen Fortsetzung auf Seite 2

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Atomprogrammes betreiben wolle. Entwicklungsminister Klein erklärte, daß sein Ministerium im laufenden Haushaltsjahr die Mittel für Forstmaßnahmen in der Dritten Welt auf 258 Millionen Mark erhöht habe. Solche Mittel fließen allerdings nicht direkt in die Erhaltung des Urwaldes. Sie können allenfalls indirekt dadurch helfen, daß sie die wirtschaftliche Nutzung einzelner Waldgebiete zugunsten der noch unberührten intensivieren (Inwertsetzung der Primärwälder“, wie der grüne Ludger Volmer kritisierte).

Sprecher beider Oppositionsparteien verlangten, daß sich der Exekutivdirektor der Bundesrepublik bei der Weltbank in einer möglichen Abstimmung gegen den Kredit ausspricht. Ludger Volmer forderte darüberhinaus eine „umfassende Streichung der Auslandsschulden“ der Drittweltländer, um den Exportdruck auch in Sachen Tropenhölzer zu mildern. Außerdem treten die Grünen für die Errichtung eines internationalen Umweltfonds ein, aus dem Drittweltländer Kompensationszahlungen erhalten, wenn diese auf die kommerzielle Verwertung der Primärwälder im großen Stile verzichten. Die Grünen legten allerdings gegenüber der taz Wert auf die feststellung, daß sie sich damit nicht für den Ankauf von Schuldentiteln durch Umweltorganisationen und den späteren Erlaß gegen ökologische Auflagen aussprechen („Debt for Nature“).