Lieber gleich Glücksspiel

■ Tausender, eiskalt: München ist die Spitze des Eisbergs

Wohnungssuche in Großstädten, den sogenannten Ballungsgebieten, ist zu einem Glücksspiel geworden, bei dem der Einsatz von Woche zu Woche zähneknirschend erhöht wird. Rund 2.000 Mark monatlich darf man im Frankfurter Nobelviertel Westend für eine 80-Quadratmeter-Wohnung zahlen, und auch im Szeneviertel Sachsenhausen kommt man unter 1000 Mark kalt für eine Zweizimmerwohnung nicht davon. Schon seit einigen Jahren ziehen diejenigen, für die diese Summe das halbe Einkommen bedeutet, in die benachbarten Städte. Doch auch hier steigende Mieten, die Hochpreiswelle der Finanzmetropole schwappt heran.

Unter 10 Mark kalt pro Quadratmeter Wohnfläche „läuft“ inzwischen auch in Hamburg nichts, und selbst in Berlin, im traditionellen Eldorado der halbwegs humanen Mieten, hat nach einer Studie des Hamburger GEWOS-Instituts das Mietniveau fast westdeutsche Verhältnissen erreicht. Wer nicht mehr als 800 Mark für eine Zweizimmerwohnung ausgeben kann, hat nicht einmal mehr die Chance, bei einem Makler auf die Liste gesetzt zu werden. Wer deswegen auf die Vermittlung von privat zu privat hofft, muß dafür gut und gerne zwei bis drei Tausender bar auf den Tisch des Hauses legen - immerhin noch runde zweitausend Mark weniger als in Frankfurt.

Absoluter Spitzenreiter der Mietpreisspirale ist aber München. 20 bis 25 Mark pro Quadratmeter sind für Wohnungen im Innenstadtbereich an der Tagesordnung. Selbst eine 14 -Quadratmeter-Wohnung konnte ein Hauseigentümer im letzten Jahr für runde 1.100 Mark vermieten. Angeheizt wird diese astronomische Mietenentwicklung von großen Industrieunternehmen, die an günstigen Geschäftsstandorten für ihre Angestellten jeden Mietpreis zahlen - in München, aber auch in Frankfurt oder Stuttgart.

Die gröbsten Auswüchse dieser Entwicklung will das Bundesbauministerium jetzt mit der Einrichtung einer sechsten Wohngeldstufe schaffen. Als bisher einzige Konsequenz aus der Wohnungsnot hat Minister Schneider in der letzten Woche angekündigt, daß die Mietobergrenzen für den Wohngeldbezug leicht angehoben werden sollen. Hauseigentümer können sich freuen. Sie können auf diese Weise weiter ihre Luxusmieten fordern. Nur, daß einige Mieter jetzt ein staatliches Bonbon dazu bekommen.