Kleinsthumorig

■ BLUE BOX und GAK zeigten Kunst-Videos der Preisträgerinnen des 3. Marler Video-Kunst-Preises

Von schwer verdaulichen technisch tricksenden Experimentalfilmen war nur kurz die Rede. Sie tauchten nur einmal, gesprächshalber, auf, um das zu bezeichnen, was man nach den Worten Maria Vedders gemeinhin unter Videokunst versteht. Sie und Bettina Gruber sind die Preisträgerinnen des dritten Marler Video-Kunst-Preises, wenngleich ihr gekürtes Werk „Der Herzschlag des Anubis“ nicht dieser geläufigen Auffassung von Kunst-Video entspricht. Am Freitag abend war in der Weserburg Gelegenheit, in Anwesenheit der Künstlerinnen sowohl einige ältere, als auch die preisgekrönte Gemeinschaftsarbeit zu sehen.

Mit den technischen Möglichkeiten des Mediums jonglieren, das können die Kölnerinnen wahrhaftig nicht. Über die Not schwieriger Produktionsbedingungen haben sie die Einfachheit der Aufnahmetechnik zur Tugend erhoben. Einfache, präzise Schnitte, sowie eine ausgeklügelte Farbigkeit, die allein durch die Beleuchtung - teilweise mit simplen Dia -Projektoren - erreicht wird, sind der technische Hintergrund, vor dem Vedder/Gruber ihre Videos entwerfen. So viel wie möglich selbstgemacht, angefangen bei der Kulisse über die Requisiten bis hin zur Musik. Das Ergebnis: aus meist humorigen Kleinstgeschichten zusammengesetzte Kurzfilme, wobei es dem Betrachter überlassen bleibt, die einzelnen Szenen und Szenarien in einen Gesamtzusammenhang zu bringen.

„Mama's Little Pleasure“ etwa, eine „kleine Vita in zwei Bildern und zwei Liedern“ von 1984, bietet Stoff für vielerlei Interpretationen. Der erste Teil stellt eine kindlich/kindische Person im Matrosenanzügelchen vor, die in eisig kühler Kulisse mal mit Blumenstrauß und Pinguin, mal hinter einem Papp(wach?)hund schläft. Im zweiten Teil posiert eine Dame (ist das

Kind vielleicht erwachsen geworden?) auf Knien in einem feuerroten Tüllbausch-Kleid in selbiger Umgebung. An ihrer Seite, bzw. meist unter ihrem Rock, ein Hund - derselbe wie im ersten Teil, diesmal ist er echt.

Für Antworten auf die Frage, wer die 'Mama‘ und was nun ihre 'kleine Freude‘ ist, macht der Film reichlich Angebote, beantworten muß sie jeder selbst. Gewiß ist, daß die gezeigten Arbeiten Maria Vedders und Bettina Grubers hohen Unterhaltungswert haben - im Reich der bewegten Bilder bislang Domäne des Fernsehens, das in der Regel als Synonym für das Gegenteil von Kunst gesehen wird.

Ein direkter Bezug zur Kunst, sprich: Malerei, findet sich in der Art, wie die beiden Künstlerinnen den Aufbau der einzelnen Film-Bilder komponieren. Damit berühren sie die beiden Pole, in deren Spannungsfeld die Videographie angesiedelt ist. Fraglich ist jedoch, ob die Resultate mehr sind als „kurze Filme, die man auch schnell wieder vergessen hat“, wie eine der Filmerinnen meinte.

Silke Hennig