Kostüme statt Waffen

■ Das Theater von „La Candelaria“ in Bogota wurde verwüstet

Im September letzten Jahres gastierte in zehn bundesdeutschen Städten das kolumbianische Theaterkollektiv La Candelaria mit seinem Stück „El Paso“ (auch die taz hatte darüber berichtet). Die Mitglieder des Kollektivs waren sich bewußt, daß ihnen bei ihrer Rückkehr nach Kolumbien von den Regierenden kein begeisterter Empfang bereitet würde. Was aber nun in den ersten Januartagen tatsächlich geschehen ist, übertrifft alle Befürchtungen.

Allein seit Jahresbeginn sind in Kolumbien vermutlich an die 100 politisch motivierte Morde an Oppositionspolitikern, engagierten Journalisten, Gewerkschaftsführern und kritischen Intellektuellen, Angehörigen der Guerilla oder auch an Bauern, die den paramilitärischen Gruppen im Weg standen, begangen worden. Die Täter bleiben ausnahmslos straffrei.

In der Nacht vom 9. auf den 10.Januar wurden auch die Räume des Theaterkollektivs La Candelaria, in denen sich die Büros des rund 90 Gruppen vereinigenden kolumbianischen Theaterverbands befinden, von einem militärischen Rollkommando total verwüstet. Den Vorwand für die brutale Zerstörungswut der Militärs bot das Aufbringen eines Frachters, der eine beachtliche Waffenladung aus dem Arsenal der deutschen Waffenfirma Heckler & Koch an Bord hatte, die angeblich der kolumbianischen Guerilla-Organisation FARC zukommen sollte.

Für die scharfsinnigen Antisubversionsstrategen der kolumbianischen Armee waren die Zusammenhänge klar: die mit der oppositionellen UP (Union Patriotica) sympathisierenden Mitglieder der Gruppe La Candelaria hielten sich in den Monaten September bis November 1988 in Europa auf (einige von ihnen machten anschließend sogar noch Zwischenstation in Kuba!) und sind folglich sicher für die Einfädelung des Waffengeschäftes verantwortlich. Also müssen sie bestraft werden. Und überhaupt muß schärfer gegen die kritischen Geister des Landes vorgegangen werden. Soweit, so logisch.

Die Durchsuchung der Räume von La Candelaria, in denen natürlich weder Waffen noch Munition, sondern allenfalls im Laufe des 20jährigen Bestehens der Gruppe angesammelte Bühnenrequisiten und Manuskripte, Filmrollen sowie wehrlose Masken und Kostüme gefunden und zerstört wurden, verfolgt den ausschießlichen Zweck, ihre Mitglieder zu verunsichern, sie und ähnliche Gruppen davor abzuschrecken, ihr offenes Eintreten für die Freiheit der Kunst und Kultur, gegen die tägliche Verletzung der Menschenrechte fortzusetzen.

Informationsstelle Lateinamerika

Die Verantwortlichen sitzen in den obersten Etagen der Regierung und der Streitkräfte. Um etwas gegen die dumme Arroganz der Macht zu unternehmen, wäre es wichtig, wenn viele ihren Protest zum Ausdruck brächten. Die Hauptadressaten sind:

Virgilio Barco Vargas (der kolumbianische Präsident), Palacio de Marino, Bogota, Col.

Dr. Horacio Serpa (Generalstaatsanwalt), Procurador General de la Republica, Car. 5 no. 15-80, Bogota, Col.

Dr. Cesar Gaviria (Innenminister), Ministro de Gobierno, Car. 8 no. 8-09, Bogota, Col.

Briefmuster können bei der ila, Heerstraße 205, 5300 Bonn 1, angefordert werden.