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Head Crash (Bastard, Dreiteiliger Fernsehkrimi, Donnerstag, 26.1.89, 21.03 Uhr, ARD

(Bastard, Dreiteiliger Fernsehkrimi, Donnerstag, 26.1. 21.03 Uhr, ARD) Felix (Christian Berkel), ein „genialer“ Hacker, hat einem Verbrechersyndikat eine komplette Datenbank angelegt. Sein Freund Paul (Peter Sattmann), auch Hacker, natürlich auch „genial“, hat ihm „unwissentlich“ dabei geholfen (wie dies?). Im Glauben, Computerspiele zu entwerfen, die Freund Felix in Deutschland verkauft, schreibt der gute Paul dem bösen Felix kleine Hilfsprogramme für seine elektronischen Schandtaten. Eines grauen Inseltages bringt der Postmann (in einem früheren Leben wahrscheinlich Spanischlehrer) mit der Fähre zwar nicht wie erwartet Swoboda, den Boten, der Geld bringt und die „Spiele“ holt, sondern eine deutsche Abendzeitung mit Swobodas Bild auf Seite 1 - nach Eintreten der Leichenstarre. Was ist da los? Paul fliegt natürlich sofort zurück und wird wegen des blöden Felix immer tiefer reingerissen. Die Kripo verhört ihn, das Syndikat läßt auf ihn schießen, und dann fliegt auch noch seine Super -Hackerwohnung in die Luft. Mit Felix! Ist aber nicht gar so schlimm. Mittlerweile hat der Zuschauer nämlich erfahren, daß Felix auch privat ein übles Schwein war. Der hat den guten Paul sogar mal bewußtlos geschlagen. Und einmal, als es ihnen nach einem Einbruch in eine Uni-Datei (Hallo UNiMUT) gelungen war, die Gehaltsliste der Profs mit einer Stupiditätszulage zu versehen, offenbart sich uns seine ganze charakterliche Labilität. Er will die Manipulation auf gar keinen Fall rückgängig machen. So ein Miesling. Natürlich sprechen die beiden im Hackerslang miteinander. Muß sein. Soll ja echt wirken. Man denkt auch sofort an Holz -Hacker - bei einem Umschulungskurs vom Arbeitsamt. Basic oder so.

Dann ist da die Lisa (Gudrun Landgrebe). Eine wunderschöne Frau. Sie darf diesmal zusätzlich zu jedem Auftritt so etwas wie einen sehr bedeutungsvollen Gesichtsausdruck wagen. Es ist packend. Lisa erfüllt alle in sie gesetzten Erwartungen. Sicher, wie in fast jedem deutschen Krimi von Schimanski bis Derrick sind die Szenen auch hier gestelzt, wirken konstruiert und gekünstelt, vermitteln das Gefühl, wieder einmal abgelinkt zu werden. Die Verbrecherbande kann man unechter nicht mehr rüberbringen, seine extra aus Spanien zu ihm gereiste Haushälterin (Sie kann besonders gut Paella aussprechen) auch nicht. Dann schon eher der Kripo-Assistent mit extrem ausgeprägter Mental-Akne und Kartoffelchipssucht.

Aber durch Lisas Schauspielkünste kann der Regisseur Ulrich Stark auf Horroreffekte ganz verzichten. Sie zielen auf die natürliche Scham tief in uns. Die Scham davor, sich lächerlich zu machen - und es nicht zu bemerken. Gudrun Landgrebe weiß, daß die Menschen vor solchen Dingen Angst haben. Auf diese Weise hält sie sich fein im Gespräch. Und wir zittern vor der Glotze, erwarten jeden Moment ihren Aufschrei: „Ich kann's nicht, ich kann's nicht!“ oder das dröhnende Gelächter der Kolleginnen im Studio. Das ist fesselnder als die ganze Story, die so schlecht erst mal nicht begonnen hatte.

Also, wer was für echte Peinlichkeiten übrig hat, der ist am Samstag, 22 Uhr 15, und Sonntag um 20 Uhr 45 wieder dabei.

Philippe Andre

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