Kabel-TV bannt Kids

■ Zahl der Programme bestimmt Fernsehverhalten Zusammenhang zwischen Wohnumfeld und Fernsehkonsum

Hamburg (dpa) - Kinder in Haushalten mit Kabelanschluß verbringen doppelt so viel Zeit vor dem Fernseher wie Gleichaltrige, die nur die bisherigen Programme sehen können. Die Zahl der TV-Programme bestimmt das Fernsehverhalten der Familien - unabhängig von der sozialen Schicht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Universitäten Dortmund und München, die in der Februar -Ausgabe der Zeitschrift 'Eltern‘ veröffentlicht wird.

Für die Studie wurden nach Mitteilung des Verlags Gruner + Jahr in Dortmund rund 10.000 Haushalte an jeweils 26 Programme angeschlossen. Gleichzeitig wurden 234 Erzieherinnen befragt und 600 Mütter gebeten, Tagebuch zu führen.

„Das Ergebnis hat uns erschreckt“, sagte der Dortmunder Professor Dieter Höltershinken. Kinder zwischen drei und sechs Jahren aus nicht verkabelten Haushalten sitzen im Durchschnitt 29 Minuten pro Tag vor dem Fernseher. Dort aber, wo das Kabelprojekt installiert ist, sind es 55 Minuten. Der Trend sei klar: Je mehr Programme, „desto mehr wird in den Familien auch ferngesehen“. So gaben 40 Prozent der Erwachsenen an, daß sie bei einem größeren Angebot auch länger in die Röhre guckten. Kinder zwischen drei und sechs Jahren konsumieren dabei nach Angaben der Mütter neben Kindersendungen am häufigsten Werbefernsehen und Spielfilme.

Deutlich sei auch der Zusammenhang zwischen Wohnumfeld und Fernsehnutzung zu erkennen, erklärte der Professor. Je mehr Spielmöglichkeiten das Kind draußen habe, desto eher sei es vom Fernseher wegzulocken. Er betonte: „Kinder, die besonders lange vor dem Fernseher hocken, werden von den Erzieherinnen als vorwiegend negativ aggressiv, phantasiearm und träge beschrieben.“ Der Wissenschaftler empfiehlt den Eltern unter anderem, die eigenen Fernsehgewohnheiten zu überprüfen, selbst aktiver zu sein und dies auch bei den Kindern zu fördern.

Mit neuen Kulturangeboten will der Sprecher der Bundestagskommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder, der SPD-Kinderbeauftragte Wilhelm Schmidt, übermäßigen Fernsehkonsum abdrehen. In einem Interview des „Saarländischen Rundfunks“ sagte Schmidt, auf die Studie eingehend, mit einem breiten Freizeitangebot in Kindergärten, Schulen und Volkshochschulen könne das Interesse gefördert werden, „nicht nur vor der Glotze zu sitzen, sondern auch mal wieder selbst was in die Hand zu nehmen“.