Wahlrecht für Ausländer

Hamburg stimmt Ausländerwahlrecht zu / Schleswig-Holstein zieht nach / Proteste aus Bonn  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Mit einer geharnischten Erklärung hat Hamburgs Zweiter Bürgermeister, Ingo von Münch (FDP), gestern auf die jüngsten Attacken von Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann (CSU) gegen die Verabschiedung des Ausländerwahlrechts in Hamburg reagiert. Zimmermann hatte das am Mittwoch abend in erster Lesung verabschiedete Gesetz als „Anschlag auf die Verfassung“ verurteilt und eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angekündigt. Zimmermann wörtlich: „In Hamburg soll der Anfang mit der Umgestaltung der Republik gemacht werden.“ Und: „In Bezirken mit einem hohen Ausländeranteil hätte die deutsche Bevölkerung bald nichts mehr zu sagen.“

Die Hamburger Reaktion auf diese Kritik war nicht weniger deftig. So sei der Wahlerfolg der „Republikaner“ für Zimmermann „ein willkommener Anlaß, mit bemerkenswerter Deutlichkeit eine politische Wende von der Bundesregierung einzufordern“, erklärte von Münch. Zimmermann verwende „schlimme Töne, eine bemerkenswerte Sammlung platter Parolen“. Gegenüber der taz ging von Münch noch einen Schritt weiter, nannte Zimmermanns Aussagen „abenteuerlich“ und attestierte dem Innenminister eine „Nähe zu den Republikanern“.

Auseinandersetzungen über das Ausländerwahlrecht sind auch innerhalb der Bundes-FDP zu erwarten. Deren Generalsekretärin Cornelia Schmalz-Jacobsen sagte unmittelbar vor der Bürgerschaftsdebatte in Hamburg, daß es für dieses Gesetz keine Mehrheit bei den Freidemokraten gebe. Dagegen ist sich von Münch sicher, daß es in der FDP „nicht nur Baum und Hirsch“ Fortsetzung auf Seite 2

gebe. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hatte gestern die geplante Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts in Hamburg begrüßt.

Wie berichtet, verabschiedete die Hamburger Bürgerschaft am Mittwoch abend nach zum Teil turbulen

ter Debatte ein kommunales Wahlrecht für Ausländer allerdings nur in erster Lesung. Daß das Gesetz sofort in Kraft tritt, verhinderte die CDU-Fraktion. Mit dem dafür nötigen Drittel der Abgeordneten verweigerte die Union die sofortige zweite Lesung und damit die rechtskräftige Verabschiedung des lange und kontrovers diskutierten Gesetzes. Eine große Mehrheit des Hamburger Landesparlaments ließ jedoch keinen Zweifel daran, das Ausländerwahlrecht durchzusetzen. Trotz aller Kritik votierte überraschend auch die Frauenfraktion der Grün-Alternativen Liste für das Gesetz. Als Antwort „auf Berlin“ hieß es von Grünen, SPD und FDP mehrfach. Regierungschef Voscherau (SPD) beteiligte sich allerdings nicht an der parlamentarischen Auseinandersetzung. In Hamburg ist es

kein Geheimnis, daß Voscherau als Wortführer des rechten SPD -Flügels keine großen Sympathien für das Ausländerwahlrecht hegt.

Eingeschränktes Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein

Bei der schleswig-holsteinischen Kommunalwahl im Frühjahr 1990 werden voraussichtlich zum ersten Mal Ausländer an einer Wahl in der Bundesrepublik teilnehmen dürfen. Die SPD -Mehrheitsfraktion im Parlament des nördlichsten Bundeslandes einigte sich mit dem Abgeordneten des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) auf einen Gesetzesentwurf. Das Ausländerwahlrecht soll bereits am 1.März dieses Jahres in Kraft treten. Das Gesetz sieht das aktive und passive Wahlrecht nur für Bürger aus Dänemark, Schweden, Norwegen, den Niederlanden, Irland und der Schweiz vor.