Schwindelig erzählter Dia-Projektor

■ Christiane Barckhausen stürmte leider schon Dienstag fürs Frauenkulturhaus durch die Lebensgeschichte der Tina Modotti - bis daß der Dia-Projektor schlapp machte

„Auf den Spuren Tina Modottis“ sollte am Dienstag abend die aus der DDR kommende Schriftstellerin Christiane Barckhausen gehen - eingeladen vom Frauenkulturhaus und im Rahmen der damit beendeten Veranstaltungsreihe „Künstlerinnenprotraits“. Doch ging sie nicht, vielmehr: sie rannte förmlich durch das in den letzten sieben Jahren gesammelte Material, die Quellen, Erinnerungen an und Anekdoten über die Fotografin Tina Modotti. Ein wirkliches Kunststück, das 45 Jahre umfassende Leben dieser Frau auf 1,5 Stunden konzentrierten Vortrags zusammenzukürzen. Schließlich ist schon, so Brackhausen, die Bezeichnung „Fotografin“ ein einseitig verengter Blickwinkel auf das Leben der Modotti. Kein Fotobuch also, sondern eine durch Modotti-Fotos illustrierte Biografie will das

jetzt in der BRD erschienene Buch von Christiane Barckhausen sein. Das besondere Interesse der Autorin gilt Modottis Entscheidung, Fotografie hinter politische Arbeit zurückzustellen.

Die gebürtige Italienerin Tina Modotti war schon als Zwölfjährige notgedrungen Allein-Ernährende von Mutter Modotti und vier Geschwistern. Dafür arbeitete sie in einer Seiden- und Damastspinerei - Erfahrungen, die in ihren späteren Fotografien (z.B. Kinder in mexikanischen Elendsvierteln) ihren Niederschlag finden. 1913 kann sie dem in die USA emigrierten Vater folgen. Auch dort arbeitet sie zunächst in einer Textilfabrik, lernt aber bald über den ersten ihrer fünf Lebensgefährten das Bohemeleben von Los Angeles kennen und holt im neuen Freundeskreis bisher versäumte Bildung nach. Von E. Weston, mit dem sie 1923 nach Mexiko übersiedelt, lernt sie schließlich das Fotografieren, hält sich aber nicht lange bei bloß ästhetischen Bildern auf. Weston dagegen, so die Biografieautorin heiter, fotografiere Wolken. Modotti aber entdeckt Menschen als den wesentlichen Gegenstand ihrer Fotografie. Menschen - gesehen aus sozialkritischem Blickwinkel. Sie gehört zum Kreis

mexikanischer Kommunisten und arbeitet als Dolmetscherin für die u.a. von Diego Rivera gegründete Zeitung „El machete“. 1927 tritt sie der KP Mexikos bei und arbeitet mit dem neuen Lebensgefährten Mella in der „Antiimperialistischen Liga“. Mella wird fünf Monate später aus politischen Gründen ermordet - ein gravierender Einschnitt.

Etwa an dieser Stelle des Vortrags hielt der Projektor nach rastloser Wiedergabe der den Vortrag begleitenden Fotos mit der Erzählgeschwindigkeit der Autorin nicht mehr mit und verweigerte erschöpft den Dienst.

In der folgenden Zeit (bis sie 1930 Mexiko verlassen muß) macht Modotti hauptsächlich Fotos für politische Zwecke. Über Berlin, Moskau, Paris kommt sie 1935 nach Spanien und arbeitet bis zu ihrem Tod im Januar '42 in der „Roten Hilfe“.

Die Biografie bildet erst den Auftakt des erwachten Interesses an Tina Modotti: Für 1991 ist in Madrid eine Ausstellung zu ihrem 95. Gebrutstag geplant. Christiane Barckhausen nutz die nach eigener Aussage ohne sonderliche Schwierigkeiten, aber auch ohne Devisen genehmigte Reise für Recherchen und wandelt bereits auf neuen Spuren.

dh