Geheimnis um Libyen-Sprengstoff

■ Bremerhavener Zöllner stoppten Chemie-Export nach Libyen / Zwei Wochen Geheimhaltung Exporteure sollen nicht verschreckt werden / Auch Hafendeputation schwieg

Unter den Augen der Zöllner schmuggelten bundesdeutsche Firmen Güter ins Ausland, mit denen dann die Giftgasfabriken in Libyen und im Irak errichtet wurden. Jetzt sollen die Zöllner besser aufpassen. Ihr erster Fund: 1.200 Säcke mit einer brisanten Chemikalie in Bremerhaven.

Libyen als Bestimmungsland habe sie stutzig gemacht, berichtete gestern ein Zollbeamter der taz, und dann hätten sie sich darum gekümmert, was für eine Chemikalie in den Säcken des Frankfurter Metall- und Chemiekonzerns Degussa abgepackt

war: Hexamethylentetramin, ein Stoff für viele Zwecke. Er heilt die Cholera bei Gänsen und Hühnern, vertilgt Parasiten auf Zitronenblättern, ist aber auch ein Ingredienz für den brisanten Nitramin-Sprengstoff, der Kanonenkugeln, Torpedos und Raketen in Fahrt bringen kann (vgl. Seite 2).

Wachsam sollen die Zöllner sein, aber schweigsam auch. Sie und die Mitarbeiter der Hafenbehörde und der Bremer Lagerhausgesellschaft, die von dem gestoppten Chemie-Export wußten, wurden zum Schweigen verpflichtet.

Freitag vor einer Woche diskutierte die Hafendeputation darüber. Auch deren Mitglieder ließen sich von Hafensenator Konrad Kunick darauf verpflichten, die Öffentlichkeit nicht zu informieren. Kunicks Argument: Es solle nicht der Eindruck entstehen, daß in Bremen besonders scharf kontrolliert werde. Die verladende Wirtschaft solle nicht abgeschreckt werden.

Der grüne Hafendeputierte Schramm fordert dagegen auch ein Umschlag-Verbot für radioaktive Stoffe und den Handel mit Südafrika.

mw